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Back to the roots - oder „Ehe zu viert“ (Fahrer, Beifahrerin und zwei schwedische Rallyeautos)

 

 

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Zum Foto unseres neuen „Finnen“, einem eigentlich schwedischen Rallyefahrzeug, der aber eine finnische Geburtsurkunde des Saabwerkes in Uusikaupunki besaß, bekamen wir viel positives Feedback und natürlich wurde auch die berechtigte Frage gestellt „wie kommt man auf die Idee, solch ein Fahrzeug für Rallyes aufzubauen?“

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Rückblende - der Fahrer und Mechaniker arbeitete in einem Saab authorisierten KFZ-Betrieb als wir uns 1983 kennenlernten. Der seit 1968 in Schweden und Finnland gebaute Saab 99 wurde zu dieser Zeit gerade vom Modell 900 abgelöst und die Autos aus den 70er Jahren waren günstig zu bekommen. Wie es im Homologationsblatt hieß, sei er auch auch ohne Zelle, Käfig oder Bügel sicher genug. Wenn man bedenkt, unser Auto hatte mit einem Getriebeproblem genau 680 DM gekostet, Siggi hatte das im Betrieb abgearbeitet (und kurz vorher einen Getriebelehrgang absolviert), an Reifen hatten wir zur Verfügung was der Altreifencontainer wieder hergab. Wir starteten also 1985 mit einem serienmäßigen Saab 99 GLI in der Gruppe G 4 (Leistungsgewicht 13 - 15 kg pro PS) allerdings wurde in den glonAusschreibungen markenunabhängig zumindest ein Überrollbügel, sowie 3-Punktgurte und ein 4kg Feuerlöscher vorgeschrieben.

Unser erster gemeinsamer Ausflug in den Rallyesport begann im Frühjahr bei der relativ nahe gelegenen Glonntal-Rallye, einer damals sogenannten Rallye 100 mit unter 100 Gesamtkilometern und bis zu 10 WP-Kilometer. Start und Ziel war in Markt Indersdorf im Norden von Dachau, das Nenngeld betrug 50 DM und der Zeiteinsatz war ein ganzer Samstag.

 

Die „Saat des Bösen“ war jedenfalls gelegt... wobei es auch bereits beim ersten Anlauf schon hätte schief gehen können - ich weiß nicht mehr ob es zu regnen begann oder einfach alles frühjahrsbedingt rutschig war, jedenfalls kamen wir kurz vor dem Ziel der letzten Wertungsprüfung etwas von der Strecke ab und ich sah nur noch schemenhaft aber sehr! nah einen Telefonmasten an meinem Seitenfenster vorbei huschen!


Nach etlichen Veranstaltungen im süddeutschen Raum und dem Versprechen unseres Motorsportclubvorsitzenden, bei einem größeren Einsatz Service für uns zu machen, entschlossen wir uns 1986 zu einem neuen Rallyefahrzeug. Zuerst einmal landeten wir beim „Saab-Papst“ im Allgäu, der einen 99 Turbo Gruppe A, allerdings ohne Motor und Getriebe für 10.000 DM im Angebot hatte. Diesen hatte er bereits bei verschiedenen deutschen und österreichischen Meisterschaftsläufen eingesetzt. Ein wirklich schönes Fahrzeug, allerdings jenseits unserer finanziellen Möglichkeiten! Es war trotzdem ein schöner Samstagsausflug mit interessanten Benzingesprächen - ich muss heute noch schmunzeln über den von ihm dringend empfohlenen Einbau einer zweiten Hupe für den Beifahrer :-)

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Fündig wurden wir schließlich mit einem weissen Saab 99 Turbo, ebenfalls in der serienmäßigen Gruppe G, allerdings eine Leistungsklasse höher. Den hatten wir Anfang des Jahres in Frankfurt bei der Hauptniederlassung gekauft und den Überrollbügel vom Vorgänger eingebaut. Nach guten Platzierungen in der Südbayrischen Rallyemeisterschaft starteten wir tatsächlich zum Jahresabschluss bei der „3-Städte-Rallye“ einem international ausgeschriebenen deutschen Meisterschaftslauf, mit Start und Ziel in Straubing.

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Neben dem klangsvollsten Namen Michèle Mouton mit Terry Harryman und dem Peugeot 205 Turbo 16 (es war übrigens dessen letzte Rallye als Gruppe B Auto und die letzte von Michèle im Profi-Rallyesport) fuhren auch Sepp Haider, Armin Schwarz und der Schwede Mats Jonsson mit. Gestartet als Nummer 126 wurden wir immerhin 52. im Gesamt mit einer Fahrzeit von 3 Stunden und 11 Minuten, nur minimal langsamer als die Gesamtsieger Mouton/Harryman mit 2 Stunden 28 Minuten :-) Wir fuhren damals übrigens in Jeans, Turnschuhen und T-Shirt/Sweatshirt, nur ein Helm war Vorschrift. Auf jeden Fall für uns ein denkwürdiges Ereignis mit der Sandbahn in Plattling und den berühmten Wertungsprüfungen der fürstlichen Wäldern wie Schwimmbach und Frauenthal!

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190 Kilometer Sonderprüfung, aufgeteilt in Schotter und Asphalt, Service war davor und danach möglich, überall wo gerade Platz war, heutzutage einfach undenkbar! Den Service benötigten wir dann auch dringend nach der bekannten WP Oberhinkofen, einem Rundkurs auf dem Truppenübungsplatz im Süden von Regensburg. Auf den teils breiten und schnellen Schotterstraßen ließen wir einen tschechischen Opel Manta B, bekannterweise ein heckgetriebenes Fahrzeug, bei seinem Überholmanöver in einer Kurve innen an uns vorbei passieren, was zur Folge hatte, dass unsere Scheinwerfer von den hochgeschleuderten Steinen zerschossen wurden. Kurzerhand diente mein als Servicefahrzeug mitfahrender schwarzen Saab 99 Turbo, mein Alltagsfahrzeug, als Teileträger und wir fuhren mit funktionierenden Scheinwerfern weiter - der Schwarze hatte nur noch die zerbrochenen Funzeln drin...

Fundstück aus dem Saab-Deutschland-Magazin "Neues vom Troll" Juni 1987. Leider habe ich die Ausgabe mit dem Artikel davor nicht mehr - aber es ging vermutlich um das schwedische Rallye-Team Startnummer 53 Thomas Johnsson/ Mats Boberg mit dem Saab 99 EMS bei der 3-Städte-Rallye 1986. Das Team ist leider in WP 20 ausgefallen, wir fuhren auf P 52 ins Ziel - was den Redakteuren wohl entgangen war!

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1987 bestritten wir mit dem 99 Turbo die zweite Liga des deutschen Rallyesports, die deutsche Rallyetrophäe mit Läufen weit jenseits des Weisswurst-Äquators. Zum Jahresabschluss - wir hatten Blut geleckt - stand wiederum die 3-Städte-Rallye auf dem Programm. Zu uns mit der Startnummer 183! gesellte sich damals ein Walter Röhrl mit der Startnummer 1 und dem Audi 200 Quattro Gruppe A (den er irgendwie nicht sonderlich mochte) und der spätere deutsche Meister Armin Schwarz mit dem Audi Coupe Quattro Gruppe A. Wie man auf den Fotos sehen kann, hatten wir unsere Schweinwerfer-Lektion gelernt - zwar etwas provisorisch anmutend, die Plastikabdeckungen taten jedoch brav ihren Dienst!

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Rückblick 1987 - 3-Städte-Rallye - Dieses Mal war es Walter Röhrls Abschiedsveranstaltung aus dem Profisport und er meinte am Start: „Den Sieg für mich und den Titel für Armin Schwarz, dann passt es“ oder so ähnlich (wie weise er das voraussah!). Zumindest hatten wir dadurch auch eine prächtige Zuschauerkulisse! Und was für ein klasse Starterfeld damals aufgeboten war, mehr als ein Fünftel kam aus Skandinavien und dem (inzwischen ehemaligen) Ostblock. Sehr schade, dass Ola Stroemberg mit dem Gruppe A Saab 99 Turbo nicht antrat, das wäre mal ein interessanter Vergleich gewesen! Aber man sieht sich ja fast immer zweimal im Leben - 1990 trafen wir ihn in Örebro/Schweden auf unserer Rückfahrt von der 1000 Seen Rallye und er führte uns seinen Rallyeboliden vor. Schade, da wäre ein kleiner Lottogewinn gerade richtig gekommen!

Das Wetter war eher herbstlich, naß und kühl, dementsprechend schmierig zum Teil die Wertungsprüfungen. Ab WP 5 führten wir die Klasse G 3 an, es lief richtig rund . Nach den Klassikern wie St. Salvator und Oberhinkofen führten wir bis WP 13 Klasse und Gruppe an, WP 14 wurde nach 45 Startern neutralisiert, alle folgenden Teilnehmer bekamen die gleiche Zeit.

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Und dann kam WP 15, Hagenau, eine schnelle gemischte Prüfung im bayrischen Wald, mit dem typischen rötlichen Lehm auf den Schotterstücken. Zitat aus dem Rallyejournal „fahrerische Anfordung: schwierig, nach anfänglich flotten Kurven auf Asphalt, kommt nach einem neuen Mittelstück aus Schotter, gegen Ende die schönste Passage mit 5 Kehren steil bergab.“

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Die Copilotin, also ich, hätte da gerne ihre Reifenwünsche, nämlich Schotterradln, aus dem oben erwähnten Grund durchgesetzt. Okay, die Reifenauswahl an sich war schon überschaubar angesicht des schmalen Budgets - die Schotterreifen hatten wir gebraucht von einem Ex-Saabrallyefahrer gekauft, die jüngsten waren das sicher nicht mehr! Und für den Teer hatten wir dabei, was die Garage so an abgenudelten Straßenreifen hergab. Da aber das Wort des Fahrers gilt, O-ton „auf den Asphaltabschnitten hol ich das locker raus mit den Teerreifen und auf Schotter bin ich halt bissel vorsichtig.“ Rein mathematisch gedacht hatte er recht, ein Drittel Schotter, zwei Drittel Asphalt.

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Lächle und denke, es könnte schlimmer kommen und es kam schlimmer... Der bayerische Löwe aus Nymphenburger Porzellan, derEhrenpreis für den Gruppensieger, wohnt seit dieser Zeit nicht bei uns, sondern in der Oberpfalz in der Nähe des tiefsten Bohrloches der Welt. Und in dieses bin ich dann auch im übertragenen Sinne wirklich geplumpst, kaum ein Ausfall schmerzte mehr als dieser!Ja ne is klar, so ein Porzellanviech ist auch nur ein Staubfänger - aber schon einer, der was hermachen würde, stünde er in meinem Schrank...

Und Ironie des Schicksals oder siehe oben, man sieht sich fast immer zweimal im Leben, genau dieser Siegerkadett wurde 1991 unser zweiter Einstieg in den Rallyesport, das ist jedoch eine andere Geschichte. Aber zurück zu WP 15, es ging ab dem Start los mit den oben erwähnten schnellen Teerstücken im offenen Wiesenbereich, um dann im Wald auf die Schotterabschnitte zu wechseln. Ich sehe heute noch den Felsen vor mir, auf dem wir linkerhand abseits der Straße nach unserem Dreher auf dem rutschigen Lehm gestrandet sind. Diese WP hatte übrigens noch für sieben andere Teilnehmer das Aus bedeutet, das aber nur rein statistisch gesehen. Es dauerte mindestens 20 Minuten bis wir genügend Publikum und ausgefallene Mitkonkurrenten gefunden hatten, um das Auto vom Felsen zu hieven. Aber wie es der Rallyegott so will, als die Chance auf eine Rückkehr auf festen Boden greifbar war, versagte die Batterie ihren Dienst. Und 1300 kg Saab zu Fuß auf die Strecke zu befördern war aussichtslos.Da spielte es auch, fast, keine Rolle mehr, dass wir etwa 3 Stunden ausharren mussten, da diese WP ein zweites Mal gefahren wurde ohne zwischendurch geöffnet zu werden. Wie allerdings der Jäger mit seinem tarnfarbenen Suzuki LJ auf die Strecke kam, der Markus Aubele mit dem Kadett vor der Nase und genau vor unseren Augen herumfuhr, bleibt wohl für immer ungekärt.

Walter Röhrls Weissagungen trafen übrigens zu, er verabschiedete sich mit einem ungefährdeten Sieg mit über 5 Minuten Vorsprung aus dem Rallyesport! Armin Schwarz gewann den Meistertitel auch ohne in der Saison überhaupt einen Sieg eingefahren zu haben. Ob sein Beifahrer Hans-Joachim Hösch, wie in einem TV-Beitrag erwähnt, wirklich die für den DM-Titel versprochenen 20kg abgenommen hat? Leider kann man ihn nicht mehr fragen, auch er sitzt bereits seit 2015 am ewigen Rallyestammtisch.

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Da der Fahrer immer bereit ist für aktuellen Input oder sagen wir mal er lässt sich leicht bequatschen ;-) war die Zeit reif für etwas Neues - es folgte der Peugeot 205 GTI und nach ihm noch die eine oder andere Marke. Erst im Jahr 2000 betrat wieder ein Saab die Bühne - zuerst ein 900-2 später ein 9-3, bis dieser im Jahr 2005 durch die Überzeugungskraft eines Jochen Walther, dem damaligen Chef des Volvo Originalcup Deutschland einem Volvo740 weichen musste. Ich fiel damals übrigens echt fast vom Glauben ab, als dieser goldfarbene Eisenhaufen bei uns vor der Türe stand!

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Aber als brave Ehefrau und zukünftig irgendwann mal wieder potentielle Beifahrerin nach der Erziehungspause, holte ich in Rostock bei oben erwähntem Jochen einen passenden Käfig in Teilen, ab den Siggi selber hineinschraubte. Kleine Anekdote, trotz großem Auto war das ein ziemliches Puzzlespiel! Nach langem hinundher und vielen Verrenkungen saß das gute Stück dann endlich - allerdings nicht so ganz wie es sollte! Das vordere Teil stand im Fond und das hintere vor dem Armaturenbrett. Ich hab mich kaum eingekriegt vor Lachen und Siggi guckte verdutzt. Dieses goldfarbene Prachtsstück wurde irgendwann ersetzt durch den einen oder anderen Volvo und nun soll - im Jahr 2024 - wieder ein Saab die diesmal europäischen Rallyepisten unsicher machen!

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Um nochmal auf mein Alltagsauto der späten 80er Jahre zurück zu kommen, man erinnere sich, ein Saab 99 Turbo - ich wünschte mir in den frühen 2000er Jahren eben ein solches Fahrzeug zurück. Am liebsten in metallicgrün und natürlich mit dem legendären Turbo. Wo mein bester aller Ehemänner diese Anzeige mit den Bastelprojekten fand, keine Ahnung? Ich weiß noch, es war Muttertag geschätzt im Jahr 2003, wir packten alle drei Kinder ins Auto und machten einen Ausflug ins Allgäu. Dort hatte jemand ein ähnliches Projekt geplant, aber aufgrund Zeitmangel wieder aufgegeben und wollte drei Saab 99, zwei Turbo und ein Vergaser in verschiedenen Erhaltungszuständen mit einem ganzen Paket an Zubehörteilen abgeben - für 750 Euro und somit hatte ich ein, und ich glaube einziges Muttertagsgeschenk überhaupt jemals, bekommen!


In den darauffolgenden Wochen wurden nach und nach die Autos auf dem Hänger nach Hause geholt und in die verschiedenen Scheunen bei den Nachbarn verteilt. Es kam dann wie es kommen musste, auch der neue „Projektleiter“ kam in Zeitnot und so geriet die Vision eines grünen Straßenturbos mehr und mehr (trotz gelegentlicher Erinnerungen meinerseits) aus dem Blickfeld... Die Jahre gingen ins Land, die Kinder wurden groß, ich war langsam mehr und mehr wieder auf dem Beifahrersitz vertreten und hin und wieder schielte man nach der vertrauten Marke. Allerdings, ich meine es war so um 2018, hatte der Fahrer und Mechaniker wohl eine seiner vorsichtig ausgedrückt etwas unüberlegten Aktionen gestartet und das ganze Paket kurzerhand zum Wiederverkauf angeboten, dabei wohl irgendwie vergessen mich darüber zu informieren. Dass der Haussegen kurzfristig mehr als schief hing brauche ich wohl nicht mehr zu erwähnen... aber alles ging gut aus für die Saabs und mich!


Rückblick 2019 - Einmal Schweden und zurück – kleiner Wochenendausflug ;-)


Nach Schweden ohne Rallyeauto und Overalls im Gepäck??? Klar, das geht auch... obwohl an diesem letzten Augustwochenende 2019 in Trollhättan und im Umkreis von 300 Kilometern rund um unser Fahrtziel, mal so nebenbei drei Schotterrallyes zeitgleich stattfanden! Man stelle sich vor, dass auf den Startlisten dieser drei Veranstaltungen mal eben mehr als 200! Volvos standen (neben vielen anderen Fabrikaten), vom Volvo PV aus den späten 1950er Jahren bis zum S 60 der 2000er. Wenn hierzulande denn mal auf einer kleinen Rallye mehr als eine Handvoll der Schwedenpanzer antreten, ist das schon eine kleine Sensation.

Siggis Arbeitsplanung hatte ziemlich genau 3 Tage, also +/– 78 Stunden „Freizeit“ vorgesehen, ursprünglich reserviert für einen VOC-Lauf, die „EMK-Kannan“-Rallye, die in Eskilstuna, gelegen zwischen Örebro und Stockholm, stattfand. Nach gründlicher Logistik beschlossen wir jedoch, diese ausfallen zu lassen. Aber dann fand Siggi eine Annonce auf blocket.se, den schwedischen Kleinanzeigen, wo ein Rallye-Saab 99 nach Anhang K angeboten wurde. Hachja, wenn ein Mann so Träume hat vom Hecktriebler mal wieder auf Fronttrieb und Linksbremsen umsteigen – schwärm. Und so war das Ehepaar Mayr schon wieder Donnerstagabend auf dem Weg nach Schweden, Nachtfahrt über die A9 Richtung Rostock und Tageskabine Richtung Trelleborg eingeschlossen.

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Am frühen Freitagabend erreichten wir Trollhättan, kontaktierten den Verkäufer und ließen uns den Boliden vorführen. Saab 99 App K Baujahr 1980, neu aufgebaut 2017, neulackiert 2019 - und da geht’s schon los, hierzulande würde man sagen „Verkaufslackierung“. Unser Lackierer würde glaube ich beim Anblick dieser Arbeit einen Lachkrampf bekommen und nie und nimmer seinen Namen in Form eines Sponsoraufklebers preisgeben! Aber andere Länder, andere Ansprüche...

 

Neue Sitze, Gurte und Feuerlöschanlage - ja hat unser Volvo auch - Standard. Bilstein Stoßdämpfer, Rennbremsbeläge etc. hat er auch. Kurz und gut, Siggi machte eine kleine Probefahrt mit dem Verkäufer - das Auto war nach kurzer Warmfahrphase mindesten im ganzen Industrieviertel und darüber hinaus zu hören! Ja, macht schon was her, aber was die Technischen Kommissare in Österreich, Italien oder Finnland dazu sagen?

Leider war das Kerlchen danach etwas undicht, wo genau das deutlich durch den Motor gespülte Öl herkam, ließ sich dann nicht so recht identifizieren. Auch die vom Verkäufer angegebenen 180 PS kamen Siggi doch etwas zu hoch gegriffen vor. Dazu fehlte das eine oder andere Papier im Ordner und wir hätten auf die 16.000 Euro noch geschätzte zweieinhalb Riesen für Transport und die verschiedenen Umschreibungen und Nachtragungen rechnen müssen, da nur ein schwedisches und kein internationales FIA Anhang K Papier vorlag

Lange Rede, kurzer Sinn, der Volvo wird uns weiterhin begleiten wohin uns unsere Wege führen :-) Männer sind da kurz und schmerzlos, abgehakt... aber nur kurz!


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Der Saab 99 Stachel saß jedoch bereits tief im Fleisch und so sah ich eines Tages am PC mehrere Seiten von mobile.de aufploppen, auf denen eben so ein Modell angeboten wurde - allerdings für eine ganze Menge Geld! Aber, hatten wir nicht selber drei Stück davon? Gesagt, getan, nur das Schuppentor beim Nachbarn musste wie im Märchen von Dornröschen erst einmal großflächig freigeschnitten werden und die Angeln geölt, bevor wir einen Blick auf unsere Schätze werfen konnten! Eine Turbo-Karosse war völlig marode, die zweite als Ersatz noch gut brauchbar und der Einvergaser eigentlich für sein Alter von knapp 40 Jahren relativ gut. Nachbars Traktor hievte das gute Stück ans Licht des Tages und so konnten wir unseren Scheunenfund nach geschätzt 20 Jahren das erste Mal genauer betrachten - da stand dann also mein Muttertagsgeschenk, das einzige überhaupt jemals... Aber sind wir doch mal ehrlich, welche Frau würde sich nicht über ein solches Geschenk freuen ;-)

scheunenfund 

Jeder sieht, was du scheinst. Nur wenige fühlen, wie du bist..." (Niccolò Machiavelli)

Vermutlich sehen die wenigsten in diesem hässlichen Entlein den wunderschönen Schwan, der darin verborgen ist - aber mit ein bisschen Politur kriegen wir den schon hin, vielleicht schaffen wir es ja bis (zu irgendeinem) Muttertag... "Durch Nachteile seiner äußeren Erscheinung darf man sich nicht beirren lassen" meinte schon Aristoteles Onassis (und jeder weiß, dass er sich mit den schönsten und berühmtesten Frauen umgab)!

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Im Februar 2021 begann die Vorbereitungsarbeit, im Internet fand Siggi ein Sportgetriebe und passende Felgen, die sich allerdings in Finnland befanden. Man bedenke, es herrschten tiefste Coronazeiten!  Mit Test und als Geschäftsfahrt deklariert ging es dann in einer Sammeltour zuerst nach Schweden (Motor für den Volvo abholen), dann Richtung Kappelskär, von dort über die Ostsee nach Nantaali. Bei Jukka Aromaa, einem finnischen Rallyefahrer, befanden sich von einem zurückliegenden Saab 99 Rallye Projekt (das Fahrzeug hatte er bereits verkauft) ein Sportgetriebe, Felgen und andere Kleinteile, die dort den Besitzer wechselten. Unser Saabprojekt, das bereits für den Einbau des FIA-Sicherheitskäfigs entkernt und bei Knöbel Motorsport, unserem Spezialisten des Vertrauens für Rallyefahrzeuge nach Appendix K, abgeliefert worden war, durfte dann auch gleich mit nach Hause reisen. Der fertige Rohbau kam dort in die kundigen Hände des Lackierbetriebes im Nachbarort, und danach parkte der „weiße Schwan“ in der Werkstatt. Im Sommer besorgten wir uns dann noch auf der Rückfahrt aus dem finnischen Lahti in Schweden bei der Motorsportschmiede Selholm ein passendes Fahrwerk.

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Alles stand bereit, im Sommer 2023 sollte dann die endgültige Aufbauarbeit beginnen - leider kam dem Volvo im Mai eine nordspanische Steinmauer entgegen und unsere für den Saab mühsam ersparten Scheinchen wurden anderweitig gebraucht. Wir hatten kurz überlegt Volvo oder Saab, und entschieden uns dann für den Wiederaufbau des Volvo, auch im Hinblick auf unser „griechisches Abenteuer“ im November 2023.

 

 

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Anfang 2024 aber war es dann soweit, die Fertigstellung konnte dank milder Temperaturen beginnen! Wie immer, es dauert alles länger als Mann denkt und Frau plant...

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Der Fahrer und Mechaniker setzte Scheiben ein, verlegte Elektroleitungen, verbaute Motor und Getriebe, installierte die Feuerlöschanlage und vieles mehr. Eine gewaltige Aufgabe für ihn alleine, vor allem weil eigentlich keine Erfahrungswerte vorhanden waren. Dank der Sammlung an Saab Literatur konnte so einiges nachvollzogen werden, die Suche nach fehlenden Groß- und Kleinteilen war allerdings immens zeitaufwendig. Unsere Tochter, als Orthopädieschuhmacherin erfahren im Umgang mit Leder, half die Innenausstattung standesgemäß aus Elchleder zu fertigen.

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Für die Vorlage zum Folieren klebte ich Zentimeter für Zentimeter nach den Fotos aus den 1970er Jahren ab, ans Original war kein Rankommen möglich gewesen. Vielen Dank an Redd Design, der eine perfekte Umsetzung möglich machte! Zu guter Letzt konnte er dann Ende April wieder in den Norden zu Knöbel Motorsport, um dort seine Straßenzulassung und die FIA Papiere zu bekommen

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Ja, wie kamen wir auf dieses spezielle Outfit? Wir waren ja bereits im Jahr 1990, unserem ersten Einsatz auf finnischem Schotter, unrettbar vom Finnlandvirus befallen und bewunderten die so genannten „Flying Finns“ grenzenlos! Daraufhin waren wir zu dieser Zeit praktisch jedes Jahr Teilnehmer beim WM-Lauf „1000-Seen-Rallye“ und wurden bei einigen Zielankünften von Simo Lampinen, einem der berühmtesten fliegenden Finnen, beglückwünscht.

finsie   links steht Simo Lampinen

Er hatte in den 70er Jahren Rallyes mit der eigentlich schwedischen, aber auch in Finnland produzierten Marke Saab bestritten („made in Finland“ um dem etwas unbeliebten schwedischen Fahrzeug einen nationalen Touch zu geben).

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Neben einer Vielzahl von Werkseinsätzen mit dem knubbeligen 96 und dem 96 V4 waren auch drei Einsätze mit dem 99 EMS zu verzeichnen, wovon er allerdings nur einmal ins Ziel kam. So schließt sich hier sozusagen der Kreis, da ja unser Auto ein gebürtiger Finne aus Uusikaupunki ist und Simo Ende der 60er Jahre zusammen mit dem damaligen finnischen Ministerpräsidenten Uhro Kekkonen den ersten Stein für das finnische SAAB Werk in Uusikaupunki setzte - heute Valmet Automotive. Irgendwie hatte ich mich in das Design seines Rallyeautos verliebt und begann Nachforschungen über Verbleib, genaue Farbbezeichnungen und etliches mehr zu betreiben. Es gab zu dem Zeitpunkt 1977 ein Zwillingsauto sozusagen, in blauweiß lackiert als Gegenstück zu Simo Lampinens weißblauem Saab 99. Dieser wurde zeitweise von Tapio Rainio pilotiert und ist schlussendlich bei einem Hobbybastler und Youtuber in der Nähe von Jyväskylä gelandet. Simos Werksauto steht ebenfalls irgendwo in einer finnischen Garage oder ähnlichem, der Besitzer ist allerdings jedem Kontaktversuch, ob virtuell oder persönlich vor Ort in Finnland, ablehnend gegenüber gestanden und wollte auch kein Foto preisgeben. blauweis


Das Dekor versinnbildlicht die Flagge Finnlands, die kurz nach Finnlands Erlangung seiner Unabhängigkeit 1918 offiziell eingeführt.wurde. Auch als Siniristilippu bekannt, ist sie eine der jüngsten Nationalfahnen und hat eine interessante Symbolik. Sie besteht aus einem blauen Kreuz, dem sogenannten Nordkreuz (ein gemeinsames Symbol für alle skandinavischen Länder und das Christentum repräsentiert) auf einem weißen Hintergrund. Das Blau repräsentiert die zahlreichen Seen und die Landschaft mit klarem Himmel und Wasser, während das Weiße für die Schneelandschaften und die Reinheit der Natur steht - „das Blau unserer Seen und das Schneeweiß unserer Winter“.


Charme ist der unsichtbare Teil der Schönheit, ohne den niemand wirklich schön sein kann. Das Aussehen entscheidet wer zusammen kommt, aber der Charakter entscheidet wer zusammen bleibt!