Rallye Erinnerungen

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Neste Rally Finland 1997 - Gewohnheitstäter und Stammgäste oder „for sale...“


Zum nunmehr 7. Mal fuhren wir „Richtung Norden und dann immer geradeaus“ wie es in der Werbung für Klaren so schön hieß. Durch unseren tollen Erfolg in Portugal im Frühjahr beflügelt, oder war es schon die Macht der Gewohnheit - “Was machen wir sonst im August?“ - hatten wir wieder Sack und Pack im Transporter verstaut und den „Puzzle-Astra“ im Schlepptau (wir erinnern uns an den Werdegang dieses Fahrzeugs 1995...)

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Kurz vor unserer Abreise nach Finnland hatten wir für die wachsende Familie ein Haus gekauft. So hieß es künftig kleinere Brötchen zu backen oder besser gesagt ein günstigeres Fahrzeug zu bewegen (an Aufhören hatten wir dabei irgendwie gar nicht gedacht ;-) So klebte neben unseren handgeschnittenen gelben „Sommersprossen“ auch ein „for sale“ Sticker - leider fand der Astra in Finnland keinen neuen Besitzer und musste wieder mit uns nach Hause.


Gastspieler - so betitelte Andrea Voigt-Neumeyer im Jahrbuch „Rallye Story '97“ das Foto von uns... nun ja, wenn man unseren mittlerweile siebten Auftritt so bezeichnen will? Zu ihrer Entschuldigung lassen wir mal gelten, damals so ohne Internet und ewrc-results.com war das mit Sicherheit auch etwas schwierig, den Überblick zu behalten. Allerdings hatte sie es direkt neben dem Konterfei meines Rallye Idols Juha Kankkunen platziert, das versöhnte mich dann wieder :-)

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Unser bewährtes Service Team waren wieder Diddi und Helmut die schon einiges an Finnland Erfahrung haben.

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Sei es wie es sei, Mayrs sind mal wieder in Finnland gelandet :-) und stehen mit 102 anderen Startern auf der Liste. Darauf finden sich so bekannte Namen Namen wie Mäkinnen, McRae, Kankkunen oder Grönholm. Außer uns waren noch drei Deutsche gemeldet, Uwe Nittel, dank Mitsubishi Ralliart Germany mit Startnummer 2 und Manfred Böhmer mit Michael Wenzel auf dem heißen Sitz des Ford Escort Cosworth. Wir starteten diesmal mit der 101, nur vier Autos vor dem Schlusswagen...


Unsere beiden Jungs genossen derweil auf Rügen ihren eigenen Urlaub mit der Patentante, obwohl schmerzlich vermisst von Mama... An das Ferienhaus, finnisch Mökki, habe ich nur eine sehr blasse Erinnerung, weiß aber noch, dass es direkt an einem Golfplatz gelegen war, See und Boot natürlich inklusive wie immer! So wurden wir morgens nicht vom Wecker, sondern vom Ploppen der Golfbälle geweckt.

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Die altehrwürdige „1000-Lakes-Rally“ hieß jetzt Rally Finland und durfte in dieser modernisierten Form nur mehr eine maximale Länge von 400 WP-Kilometern aufweisen. Dazu war sie auch im Prinzip auf eigentlich zwei halbe und einen ganzen Tag komprimiert worden. Die Route war der des Vorjahres ähnlich, die wir leider nicht komplett im Rallyemodus absolvieren konnten (wir erinnern uns, links 3 minus auf einer Lichtung... bämm), auch wenn es im Gegensatz zum Vorjahr mit 29 Sonderprüfungen nur noch 22 waren. Die Klassiker wie Ruuhimäki, Vaheri, Quninpohja oder Laukaa waren jedoch wieder dabei. Dafür wurden nur am Sonntag drei WP doppelt gefahren, alle anderen nur einmal, im Gegensatz zu 1996 als 5 Prüfungen jeweils zweimal gefahren wurden. Je nach Wetterlage und Startnummer kann das schon einen großen Unterschied bedeuten, wobei in den 90er Jahren der Anteil an Allradfahrzeugen noch nicht so übermächtig war wie heutzutage.

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Wieder dabei waren nach zwei Jahren FIA-bedingter Auszeit (man erinnere sich an die Rallye Cataluna 1995 als illegale Air-Restriktoren eine Sperre nach sich zogen) übrigens auch wieder die Toyota und zwar zu ihrem ersten Einsatz als World Rally Car. Dieser wäre ursprünglich für die darauf folgende Rallye San Remo geplant gewesen, wurde aber aus „sentimentalen Gründen“ vorgezogen. Denn 1975 hatte Hannu Mikkola den ersten WM Sieg in Finnland für Toyota mit einer Corolla geholt. O-Ton Didier Auriol „Mal bremse ich zu früh, dann wieder zu spät. Ich bin noch ein wenig unsicher“. Außer ihm darf Marcus Grönholm die zweite Corolla fahren, mit dem Erfolg am Freitagabend in Führung zu liegen!

Insgesamt 103 Starter hatten sich gut 380 WP Kilometer auf den finnischen „Formel 1-Schotterpisten“ vorgenommen, darunter auch unser Freund Trevor Godwin mit dem Mini Cooper, der ja im Frühjahr in Portugal kurz vor dem Ziel die Segel streichen musste. Nach etlichen kühlen und nassen 1000 Seen Rallyes war uns das Wetter wohlgesonnen im wahrsten Sinne des Wortes! Eher untypisch für Finnland Ende August war es sehr warm und sehr trocken, somit natürlich auf den WP dementsprechend auch staubig. Wer jemals auf glatt gefahrenem, harten Schotter zehn Meter lange, schwarze Bremsspuren vor Abzweigungen gesehen hat, weiß was ich meine!

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Start war für die Spitze kurz vor 15 Uhr, das heißt wir waren mit Nummer 101 etwa um 16.30 an der Reihe. WP 1 Parkkola war schon mal der echte Knaller mit mehr als 33 Kilometer, da war man Freitagnachmittag schon mal gut warm! Nach WP2 und 3 rund um Petäjävesi absolvierten wir nur noch am Abend eine kleine Runde im Industriegebiet um die Cateringzelte „Hippos“ im Herzen von Jyväskylä, bevor es in den Service ging. Wo und wie wir die ersten Strafsekunden bereits dort einfingen können wir uns nicht mehr so genau erinnern. Möglicherweise hatten wir etwas zu reparieren und somit die Abendservicezeit überzogen?


Samstag klingelte der Wecker extrem früh, Marcus Grönholm als Nummer 1 begann den Morgenservice bereits kurz nach 6 Uhr (finnische/osteuropäische Ortszeit, für uns Mitteleuropäer war das praktisch 5 Uhr morgens!), während Carlos Sainz strategisch am Abend vorher eine Minute zu spät gestempelt hatte, um nicht als „Straßenfeger“ starten zu müssen. 186 Sonderprüfungs-Kilometer standen im Bordbuch für den Samstag, beginnend mit WP 5 Leustu (wir erinnern uns, das berüchtige Getriebeöl-parfum von 1994 mit anschließendem Ausfall!).

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“You couldn’t have a better awakening in the morning than Leustu“ soll Harri Rovanperä dazu gesagt haben. Für das britische Team Adam Kent/Andy Bull allerdings kein besonders guter Morgen :-( Beim vierten Start in Finnland, Adam hatte 1994 und 1996 seine Klasse gewonnen und war 1995 mit Motorschaden ausgefallen, wollte er es mit dem Gruppe A Peugeot 306 16 S noch einmal wissen. „In 1997 we went up a gear with a drive in a semi works Peugeot 306 Kit Car, we were flying but missed a cut by a few inches and I had a horrendous accident taking out a telegraph pole flat in fifth which smashed my helmet with the impact, I didn't remember much until arriving in hospital via a trip in a helicopter. Lying in bed in hospital, I woke up the following day and was greeted with the words in a sentence of broken English; "Diana is Dead". Initially I thought we had hit a spectator until it was explained to me that the nurse was talking about Princess Diana who had tragically passed away the same day in Paris.


Man sieht sich ja oft im Leben zweimal, so lernten wir Adam Kents früheren Beifahrer Andy Bull in der FIA EHRC 2022 mit dem Ferrari 308 GTB Gr.4 Michelotto kennen, als er in der Beifahrerwertung Platz 2 belegte. Er beschreibt den Unfall folgendermaßen: „Wir hatten am Freitag einen guten Tag um Punkte für den 2 Liter Weltcup zu holen. So wollten wir diese Stellung halten und sicher bis zum Ziel fahren, Aber dann entschieden wir uns am, zweiten Tag morgens eine gute Zeit zu fahren, um es allen zu zeigen was in uns steckt und dann ruhig durchzufahren.Tja, wir kamen auf einer schnellen rechts auf etwas losen Untergrund und somit von der Strecke ab. Wir trafen einen Telefonmasten und ich kann mich an die ersten drei Überschläge erinnern und weiß dann nichts mehr bis wir zum Stillstand kamen. Mein Fahrer wurde mit dem Helikopter ins Krankenhaus gebracht, während ich nur etwas durchgeschüttelt war (in Bayern sagt man „verleuert“). Übrigens widerfuhr Adam Kent ein ähnliches Missgeschick zwei Jahre später mit einer anderen Copilotin und einem Peugeot 106 16 S bei der Rally Finland 1999. Er kam nur bis WP 1 Parkkola und hatte dort einen gewaltigen Abflug ähnlich dem in 1997, woraufhin er wohlweislich entschied, seine Rallyekarriere zu beenden! https://www.youtube.com/watch?v=JJozAjEBnl0


Diese erste Wertungsprüfung des Samstags übrigens wurde meiner Erinnerung nach daraufhin unterbrochen, da der Helikopter zur Bergung des Fahrers eingesetzt werden musste. Ab dem 43. Starter bekamen nämlich alle darauf folgenden Teilnehmer die gleiche WP-Zeit gutgeschrieben (damals nutzte man noch keine Algorithmen um die jeweilige mögliche Zeit eines Einzelnen auszurechnen) und wurden umgeleitet.

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Der Rallyetross bewegte sich weiter Richtung Tampere, befuhr dabei unter anderen den jedem Rallyfan ein anerkennendes „Oioioi“ entlockenden Finnland-Klassiker Ouninpohja, ebenfalls mit knapp 33 Kilometer Länge. Die beiden letzten Samstagsprüfungen waren dann wieder eher was für den standortfesten Zuschauer, Himos am Skihang und Harju, die klassische Stadtprüfung durch Jyväskylä den Berg hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter. Himos ist gerade für etwas nervöse Copiloten wie mich nicht unbedingt eine Beruhigungspille - man wartete im Vorstartbereich an der Liftstation und konnten unterdessen den davor startenden Teams zusehen. Zwei Fahrzeuge fuhren parallel an einem im Winter als Skihang genutzten Gelände und die Zuschauerränge waren rappelvoll. Es kam wie es kommen musste, einige Startnummern vor uns machte das britische Team Cooper/Johnson mit dem Vauxhall Astra GSI 16 V, also unserem Schwestermodell sozusagen, einen kleinen Fehler und das Auto rollte ein Stück den Hang hinunter. Beste Voraussetzungen für mich starr vor Schreck neben dem Fahrer zu sitzen! Trotzdem fuhren wir in der Klasse N3 immerhin von 9 Startern die zweitbeste Zeit unter lauter Finnen - böse Zungen behaupten weil es mir die Sprache verschlagen hatte und der Motocrossfahrer im Piloten das Lenkrad übernahm, wer weiß...


Am Sonntag war wohl ein bisschen die Luft raus, wir „cruisten“ wie Andy Bull so schön ausdrückte, obwohl schon noch das eine oder andere Schmankerl an Wertungsprüfungen dabei war. Ruhimäki mit der breiten Achterbahn an Kuppen und Kurven, gesäumt von unzähligen Zuschauern oder Laukaa, eine der klassischen Finnlandstrecken. Wo wir genau noch einmal 30 Strafsekunden einkassierten, kann ich nicht mehr sagen, vermutlich beim Wechsel eines defekten Querlenkers, Das britische Team um Nigel Heath mit dem „Zebra“ Ford Escort Cosworth half uns mit Werkzeug und Manpower. Man kann aber auch wegen Spritmangel ausfallen wie Markus Grönholm nach zwei Bestzeiten, als die Benzinuhr mehr vorgaukelte als eigentlich im Tank war.

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In der Schlussabrechnung der Deutschsprachigen lag Uwe Nittel auf Platz 7, wir auf Platz 41. Manfred Böhmer/Michael Wenzel mussten bei WP 7 die Segel streichen, während Karl und Maria Rumpler aus Österreich nur bis WP 4 kamen, beide wegen Differentialschaden. Manfred wurde übrigens später in Deutschland als Driftkönig bekann, die Szene der Quertreiber begann sich da gerade zu entwickeln. Wir freuten uns wieder auf unsere Kinder und der Astra freute sich, dass er diesmal ganz geblieben war! Tschüss Finnland bis zum nächsten Mal!


P.S. Auch wenn sich das immer so leicht dahin liest, die Erinnerungsschubladen klemmen nach über 25 Jahren und müssen erst mühsam aufgeschoben werden. Mithilfe alter Fotos, einiger Rallyejahrbücher, Youtube Videos und vielen Nachfragen beim Fahrer und anderen Mitwirkenden entwickelt sich so eine Retrospektive und mit etwas Phantasie ist es fast wie bei Star Trek auf dem Holodeck!

 

 

 

Tap Rallye Portugal 1997 – oder ankommen ist gewonnen...


Bei einer Ausfallquote von etwa 65 Prozent gehörte man bei dieser Auflage der Portugalrallye wirklich schon zu den beinahe handverlesenen Siegern! 98 Starter, 34 im Ziel, knapp 420 Schotterkilometer bei 1670 Gesamtkilometer, die längste WP mit mehr als 27 km Länge forderten ihren Tribut. In diesem Jahr gingen die Veranstalter einen etwas ungewöhnlichen Weg der Verteilung des jährlich anwachsenden Publikumsstroms - sie begannen Sonntagabend mit einer Zuschauerprüfung in Figueira da Foz und von Montag bis Mittwoch ging es vom Osten rauf in den Norden und wieder zurück.
So starteten wir mit der Nummer 79 - allerdings in umgekehrter Reihenfolge, so dass die ersten Startnummern zum Schluss fuhren - auf unserem Opel Astra GSI 16 V in eine Art Bergsprint mit 1,5 Kilometern Länge nahe des Badeortes an der nordwestlichen Flanke des Monte Alto mit etwa 70.000 begeisterten Rallyefans um uns herum. Wir nutzten die „Mickymausstrecke“ nebenbei noch für Einstellmaßnahmen an unserer Zusatzbeleuchtung für die Nachtprüfungen der folgenden Tage. Allerdings wurde genau diese Eröffnungsprüfung im Nachhinein neutralisiert, da am Auto von Tommi Mäkinen (dem späteren Sieger übrigens) beim obligatorischen Wiegen eine Bremsleitung beschädigt wurde und dank der Parc ferme Regeln nicht repariert werden durfte. Er verlor 12 Sekunden und legte Einspruch ein, dem von den Sportkommissaren auch stattgegeben wurde.
Die darauf folgende Montagsetappe begann für die ersten Starter bereits gegen 6 Uhr und sah uns auf einer mit 170 WP-Kilometern gespickten Strecke, darunter die berühmt-berüchtigte Sprungkuppe bei Fafe, bis zum Etappenziel Povoa de Varzim, wo wir dann erst nach Mitternacht das Auto im Parc Ferme abstellten. Ich erinnere mich noch an die eindrucksvollen Landschaftsbilder, als wir über dem Nebel in der Morgensonne fuhren, einfach grandios!
Das Wetter war Ende März typisch südländisch, warm und trocken, daher auch teilweise sehr staubig, was besonders auf den nächtlichen Prüfungen die Sicht beeinträchtigte. Das Favoritensterben begann schon auf WP 2, die Marcus Grönholm aufgrund eines Unfalls schon nicht mehr beenden konnte. Bis zum Ende der Etappe waren bereits Carlos Sainz und Colin McRae mit technischen Defekten ausgefallen. Unser Astra hielt oder eher musste halten, hatten wir doch nur unseren bewährten „Service-Manne“ als einzigen Helfer dabei, der übrigens perfekt assistierte.
Nachdem wir ja 1995 wegen eines Pfennigteils ausgefallen waren (einer der schmerzlichsten Ausfälle in meiner Beifahrerkarriere überhaupt!) musste es nach Mayrs eiserner (Schuld)Regel - bei einem Ausfall schuldet einem die Rallye eine Revanche oder wie der Laie so schön sagt „die finden schneller eine Ausrede als die Maus ein Loch!“- nochmal Portugal sein! Diesmal fuhren bereits zwei kleine Mayrs mit (im Nachhinein frage ich mich, wie wir das alles gewuppt haben!)
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Ein britisches Team, unser Freund Trevor Godwin mit dem Rover Mini Cooper, den wir bereits bei der 1000 Seen Rallye kennen gelernt hatten, beschrieb die örtlichen Besonderheiten in etwa so: „Das Bemerkenswerte an dieser Rallye schien zu sein, dass die Verbindungsabschnitte zwischen den Etappen mit halsbrecherischer Geschwindigkeit gefahren wurden. Unsere Crew fühlte sich verpflichtet, sich an die örtliche Etikette zu halten. Und zwar in der Form, dass die Polizei uns tatsächlich ermutigte oder noch eher dazu drängte in unübersichtlichen Ecken zu überholen, gegen den Kreisverkehr zu fahren sowie überhöhte Geschwindigkeit zu fahren und rote Ampeln zu missachten!“
Dienstag war der Start zur zweiten Etappe etwas später gelegt, so konnten wir etwas länger Schlaf nachholen, wir starteten gegen 9.30 Uhr. Nach dem Morgenservice ging es auf die Rallyecross-Strecke in Lousada, wo jeweils zwei Fahrzeuge zwei Runden gegeneinander versetzt fahren. Die Tribünen waren zwar nicht ganz so voll wie bei unserer Erstauflage 1994, trotzdem ist das Stadion schon eine gewaltige Kulisse! Daraufhin ging es noch einmal zu den Wertungsprüfungen rund um Fafe, um dann weiter Richtung Etappenziel Viseu zu fahren. Es wurde bereits dunkel, trotz vieler begeisterter Fans gab es leider auch einige Chaoten, die uns und andere Teilnehmer auf einem Streckenabschnitt kurz vor dem Ziel am Flughafen Viseu mit Steinen bewarfen. Uns blieb als Erinnerung neben der Schrecksekunde eine Delle in der Beifahrertür genau auf der Startnummer, während bei Erwin Webers froschgrünem Seat eine Seitenscheibe zu Bruch ging. Im Nachhinein darf ich da gar nicht mehr daran denken, wir hätten keinen Ersatz dabei gehabt!
por
Der letzte Tag, der Mittwoch schickte uns dann in die legendären Berge rund um Arganil, Ich erinnere noch einmal an Röhrls Nebelfahrt, bei der er seine Konkurrenten um Minuten deklassierte!„Christian, schnall di o, jetz fahr i eana a Zeit hi, dass alle die Lizenz abgem!“ Die Legende des Walter Röhrl wird in einer kalten, regnerischen Nacht während der Rallye Portugal im Jahr 1980 geboren, auf der Sonderprüfung über die Gebirgskämme von Arganil. "Keine zwei Meter weit", sei die Sicht damals gewesen, erzählt Röhrl, der die Prüfung in der Nacht vorher in seinem Hotelbett im Kopf "abgefahren" ist. Blind habe er jeden Baum, jede Kurve nachzeichnen können, und so hat er seinen Fiat 131 Abarth dann auch den Berg hochgeprügelt - geleitet nur von Geistdörfers Stimme, die sich durch das dröhnende Gebrüll des Motors fräste.Arganil ist der Grund, dass ich mit Auszeichnungen überhäuft wurde. Es konnte sich keiner vorstellen, dass einer 4:59 Minuten schneller fährt als der Zweite und dann die gesamte Weltelite innerhalb von 30 Sekunden folgt. Das konnte ich aus zwei Gründen: Ich habe ein unheimlich tolles fotografisches Gedächtnis. Und: Kondition ist Konzentration. Über Motorsport hat man damals gedacht: 'Da gibt man Gas, da braucht man nichts tun.' Durch Skisport und Rudern war ich weit besser beieinander. Die Skandinavier haben sich abends kräftig einen weggeschüttet. Zwei Menschen, auf Gedeih und Verderb einander ausgeliefert in einem tobenden, heulenden Erlkönig, die Drehzahlen in Bereichen jenseits des Fassbaren. Ob er denn wohl tatsächlich, wie man sich seither am Lagerfeuer erzählt, damals mit geschlossenen Augen gefahren ist? "Blödsinn", sagte Röhrl der Sport Bild: "Es war ja auch kein richtiger Blindflug. Zwei Meter Sicht hatten wir ja noch."
Wir hingegen hatten wohl mehr Staub als Nebel und von fünfmal abfahren konnten wir nur träumen! Unsere Arganilprüfung war „nur“ etwas mehr als 20 Kilometer lang, aber wir gaben unser Bestes. Wenn auch nicht mit 5 Minuten Vorsprung, denn wir hatten im Ziel der Rallye mit 1 Stunde 40 Minuten mehr als der Sieger Tommi Mäkinen auf der Uhr. Die Klasse N3 gewannen wir allerdings überlegen, wenn auch von 7 Starter 6 ausgefallen waren. Zudem bedeutete damals ein Ausfall direkt die Heimreise und keinen Restart am nächsten Tag. Aber bei diesen harten Bedingungen ist angekommen schon fast mehr als ein Sieg! In der 2 Liter WRC Wertung wären wir doch immerhin 7. von 56 Startern gewesen, dabei noch das beste Gruppe N Auto.
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Vermutlich war uns das alles bis auf den Pokal und den Blumenstrauß für den Klassensieg so gar nicht bewusst. Man bekam halt nach zwei Wochen eine dicke Ergebnisliste, in der man mühsam alles zusammen suchen musste. Damals war auch „ganz vorne“ noch Platz für Charaktermenschen, der als Lebemann bezeichnete Gustavao Trelles, Gruppe N-Weltmeister des Vorjahres wie auch 1997, zum Beispiel gewann den Gruppe N Cup mit 10 Sekunden Vorsprung vor Manfred Stohl, beide aus dem Mitsubishi Ralliart Germany Team. Das war kein stromlinienförmiger und geschmeidiger Hochleistungssportler wie heutzutage, er hatte wenig Haare und dafür etwas mehr Bauch, der seine Vorliebe für gutes Essen widerspiegelte. Und doch setzte er auf der letzten Wertungsprüfung noch vor Tommi Mäkinen die Bestzeit! Oder ein französischer Alltagskleinwagen in Form eines Renault 4 beendete eine WM-Rallye auf Platz 33 mit 3 Stunden mehr an WP-Fahrzeit auf der Uhr als der Sieger, vor einem Seat Marbella auf dem 34. und letzten Platz.
Zum Schluss nochmals ein kleiner Auszug aus den Erinnerungen von Trevor Godwin, der leider auf einer letzten Wertungsprüfungen wegen eines Aufhängungsschaden nach einem Ausrutscher ausfiel:
Die Menschenmenge drängte sich auf den Wertungsprüfungen, manchmal auf der Ideallinie, was viele der Top-Crews verärgerte, die deshalb nicht aufs Ganze fahren konnten. Trevor und Ian mussten in der Hoffnung, dass sie auseinandergingen, auf die Menge zufahren. Die Zuschauer wussten nicht, dass sie für diese Rallye keine Aufschriebe hatten und nur das Roadbook benutzten! Vizeweltmeister Colin McRae berichtete: „Die Leute haben die ganze Straße und die Bremspunkte verdeckt und so waren die Aufschriebe nutzlos, die wir bei der Recce gemacht haben. Man konnte die Kurve nicht sehen oder in welche Richtung es ging. Selbst der kleinste Fehler hätte schwerwiegende Folgen haben können.“
Diese Portugal Rallye war unsere dritte und leider auch letzte, ich vermute dass wir aus Zeitgründen und wegen des doch hohen finanziellen Aufwandes wegen keine vierte Auflage mehr planten. Und wie heißt es doch so schön, man solle aufhören wenn es am schönsten ist 🙂 und besser konnte es wohl auch nicht mehr werden! Zum Abschluss noch einen meiner unvermeidlichen Sprüche„Im Grunde hat jede Geschichte ein gutes Ende. Du musst nur entscheiden wo du aufhörst zu erzählen.“ 
P.S. Sobald ich den „Rallyeschrank“ gesichtet habe, gibt es mehr Fotos und dann auch einen kompletten Artikel auf unser Webseite unter „Rallyeerinnerungen“.

 

Neste 1000-Seen-Rallye 1996 - oder wir gehören wohl schon bald zum Inventar

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Unser nunmehr sechster Start in Finnland stand allerdings in keinem Vergleich zu unserem italienischen Freund Fabrizio de Sanctis, der wohl einer wenigen, wenn nicht der einzige Fahrer ist, der bis 2015 an der 1000-Seen-Rallye bzw Rally Finland 29 mal !!! in ununterbrochener Folge teilgenommen hat. Davon sah er 17 mal das Ziel und ist 12 mal ausgefallen

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Wie heisst es so schön, Schwierigkeiten sind da um überwunden zu werden? Die kleine Schwierigkeit war Kind Nummer zwei, im Februar 1996 geboren und somit 1995 in Finnland bereits im Mutterleib rallyeerprobt ;-) Der Kleine hatte allerdings seinen sehr eigenen Kopf und war somit der Meinung, sämtliche Fläschchen samt Babynahrung darin gehörten in die Tonne. Okay, das kriegen wir schon irgendwie hin mit kurzen Trainingspausen zur Raubtierfütterung und während der Rallye muss er wohl oder übel aushalten... (ne, keine Angst ;-) das hat mit ein paar Tricks geklappt!)


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Es war die letzte 1000-Seen-Rallye - zumindest dem Namen nach, ab 1997 sollte sie „Neste Rally Finland“ heissen. Dazu kam die neue Regelung mit festgelegten Serviceparks und somit ohne wilden Service mehr. 1996 waren es neun, die über die Strecke verteilt waren. Eine weitere wichtige Änderung war die Rückkehr zu wiederholt zu fahrenden Wertungsprüfungen. Auch sollten es weniger gezeitete Kilometer werden, in dieser Auflage waren es knapp 480. Zudem war es wohl die einzige WM-Veransaltung überhaupt, deren Schlußtag an einem Montag stattfand! Das größte strukturelle Update war nämlich, dass die Rallye jetzt am Freitagabend mit nur einem Super-Special begann und am Montag endete, was den Sonntag auch zu einem vollen Rallyetag machte. Eine Theorie dafür könnte sein, dass große Namen in den drei vorangegangenen Jahren am frühen Freitagmorgen bereits ausgefallen waren. Durch den Start des eigentlichen Wettbewerbs am Samstag wäre sichergestellt, dass die am Wochenende angereisten Zuschauer immer noch die meisten namhaften Fahrer wie Colin McRae oder Finnlands Lasse Lampi sehen konnten.

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Aber die Auflage 1996 stand unter keinem guten Stern, weder für uns noch für andre :-( Durch die Neuerungen auch im Zeitplan war für den Freitagabend nur eine Zuschauerprüfung, Harju, mitten in Jyväskylä vorgesehen. Um die Spannung der Zuschauer zu erhöhen, entschied man die Startreihenfolge zu stürzen, d.h. die höchste Startnummer fuhr als erste und das Auto mit der 1 war sozusagen als Höhepunkt vorgesehen. Wir waren mit 111 ziemlich bald dran, stellten das Auto in den Parc Ferme und wollten diese aussergewöhnliche Konstellation auch zum Zuschauen nutzen. Leider kam es zu einem tragischen Unfall bei Startnummer 65, der dähnische Fahrer hatte eine weite Rechtskurve absolut unterschätzt, kam mit etwa 120 Stundenkilometer von der Strecke ab und trotz großzügiger Sperrzone geriet sein Fahrzeug in die Zuschauermenge. Es gab viele Verletzte und leider auch einen Todesfall. Die Rallyeleitung entschied am Abend, den Lauf dennoch fortzusetzen.

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An den Samstag kann ich mich irgendwie gar nicht erinnern, vermutlich lief alles wie geplant und ließ die Hoffnung auf einen guten Sonntag keimen. Strahlender Sonnenschein und blauer Himmel begleiteten uns auf den vor uns liegenden 3 WP der ersten Runde, Lempää 1, Mynnilä 1 und nach dem Servicepark in Hartola, Vartiamäki 1. Vielleicht hätte man so eine Überschlags-Puzzle-Karosse doch vor dem ersten Einsatz besprechen, ausräuchern oder sonstwie vom genius loci, dem Geist des Ortes, befreien sollen? Oder schlug Murphys Gesetz in Finnland jedes zweite Mal zu? Hinterher ist man immer gscheiter... ich seh auf jeden Fall noch heute die links 3 minus am Rande einer kleinen Lichtung auf WP 15 vor mir, die uns etwas weit an den Rand geraten ließ. Der Schweller der Beifahrerseite hakte ein, was einen kompletten Überschlag zur Folge hatte. Ich meine mich zu erinnern, dass wir von selber wieder auf den Rädern standen, das Auto soweit fahrbar war und wir die WP zuende fahren konnten. Aber die Frontscheibe durchzogen zig Risse und man sah dadurch nicht nur doppelt sondern eher wie durch ein Kaleidoskop. Ohne Notservice und weil auch keine Frontscheibe als Ersatz dabei war, hieß es zum wiederholten Mal - Feierabend! Mist!

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Der einzige, den dieses Dilemma erfreute, war unser kleinster, der eeendlich wieder seine Mama für sich hatte! Ein weiteres deutsches Team, Ulrich Mickler/Sebastian Thalmair sahen mit dem kleinen Peugeot 205 GTI als 59 jedoch das Ziel. Die hatten einen stahlharten Service Mann dabei, der die ganze Anfahrt und Rückfahrt! in einem Peugeot J5 Kasten mit Trennwand hinten im Laderaum saß, es gibt also noch andere Wahnsinnige ausser uns ;-)

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Des einen Freud, der anderen Leid... aber Finnland läßt uns nicht los, das wäre doch nix, wenn wir im Jahr darauf Fabrizio alleine fahren ließen!


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Neste 1000 Lakes 1995 oder wohnt ihr hier schon?

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Die Augsburger Allgemeine setzte einen kleinen Artikel auf die Sportseite mit dem Titel „Die Mayrs wollen ankommen“... Hatte ich schon mal die Mayr´sche Schuldregel erwähnt ;-) wobei, ein fünftes Mal nach Finnland zu fahren braucht eigentlich keinen besonderen Grund oder? Dieses Mal war die Rallye „nur“ als WRC 2-Liter-Cup (front wheel drive F2 series) ausgeschrieben, in den 90er Jahren rotierten die Veranstalter mit WRC und F2, daher „nur“ 83 Starter, davon sage und schreibe fünf rein deutsche Teams, vier Privatteams und Weber/Hiemer mit der Seat Sport Bewerbung! Mit knapp 530 Wp Kilometer (eigentlich hätte es die längste 1000-Seen-Rallye überhaupt in der Geschichte werden sollen mit 545 WP Kilometern) vom feinsten, die längste Sonderprüfung fast 38 Kilometer am Stück. Das klingt für einen Rallyefreak wie für einen Gourmet ein siebengängiges Menü...

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Der Kadett war ja in andere Hände verkauft und ein neues Auto vorbereitet worden. Eigentlich hätten wir keine Punkte als Deko schneiden sollen (ja, wir haben die damals echt alle einzeln mit der Bastelschere ausschnippelt!), sondern Puzzleteile - denn das Ding wurde tatsächtlich zu einem ziemlichen Puzzlespiel. Ein Rallyekollege, der eigentlich einen Opel Astra GSI bauen wollte, dann aber irgendwie keine Zeit, Lust, Geld und wohl auch keine Karosse hatte, gab sein Vorhaben auf und so fuhr Siggi mehrere Male mit Teilen beladen zwischen zuhause und dem Münchner Norden hin und her. Eine etwas ramponierte Karosse samt Käfig erwarb er dann bei Kreis Motorsport. Diese war das Ergebnis eines Überschlags bei einem Lauf zum Veedol Langstreckenpokal, gefahren von Jürgen Baumgarten - vielleicht kann sich der eine oder andere daran erinnern, ein Stuntman und Motorsportler auf zwei und vier Rädern. Dazu ein Astra-Dach vom örtlichen Autoverwerter (es ist kaum zu übersehen, hier sind echte Schwaben am Werk ;-) und dann wurde alles zur Reparatur nach Tschechien gefahren. Bei der TAP Rallye Portugal 1995 weniger erfolgreich getestet (aber das ist eine andere Geschichte, davon später einmal), dafür mit Thomas Schmidt in Belgien bei den 24 Stunden von Ypern auf Platz 57 im Ziel.


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Mit dabei unsere kampferprobten „Woidler“ Diddi-Karlheinz und Helmut sowie mein Bruder und seine Bekannte Doris und natürlich unser Matthias, dieses Mal sollte es wieder klappen mit dem Finish-Foto! Denn in diesem Jahr schlug so langsam die Stunde der vorgeschriebenen Serviceparks und nahte das Ende der wilden Services... Die Rallye begann wiederum Freitag früh, ein langer Tag lag vor uns, noch war es trocken und meist sonnig. Auf der ersten WP kam bereits schon das Aus für Kankkunen/Christ, er riss sich ein Rad fast komplett ab an einem gut getarnten finnischen Felsbrocken (kennen wir so etwas nicht aus der 93 er Auflage?) und fiel danach mit dem beschädigten Toyota aus (im Jahr vorher kam er wenigsten eine WP weiter und konnte dann nach umfangreichen Spenglermaßnahmen zur Aufholjagd starten). Leider traf es auf der zweiten Sonderprüfung Parkkola das erste deutsche Team - Frank und Mario Ficker mit dem Trabant P 601, an den Ausfallgrund kann ich mich nicht mehr erinnern. Abschlussprüfung am Abend war der bei Zuschauern äusserst beliebte Stadtkurs Harju.

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Samstag früh begann schon fast traditionell mit Leustu, in strömendem Regen, aber diesmal kamen wir heil durch. Die zweite Sonderprüfung Hassi mit über 16 Kilometer musste leider wegen eines tragischen Unfalles gecancelt werden. Bruno Thiery, im Vorjahr am Samstagvormittag bald nach uns mit Motorschaden ausgefallen, startete als Vorwagen mit dem Ford Escort RS. Als eine Zuschauerin mit Kopfhörern direkt vor ihm die Strecke überquerte, hatte er absolut keine Chance :-( für beide galt wohl das Schicksal - zur falschen Zeit am falschen Ort.


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Der Rallyetross wurde umgeleitet und da wir des Finnischen nicht allzu mächtig waren, erfuhren wir erst später von diesem Unglück. Der Samstagnachmittag hatte es dann in sich, sage und schreibe drei Sonderprüfungen über jeweils mehr als 30 Kilometer waren unter anderem zu bewältigen. Nachdem wir im Vorjahr die Superstage Himos ausfallbedingt nicht mehr erlebten, war das eine ganz neue Sache. Zwei Fahrzeuge starteten parallel an einem im Winter als Skihang genutzten Gelände, die Zuschauerränge waren rappelvoll.

Das absolute Sahnestückchen des Abends allerdings (ich kann mich nicht mehr erinnern, ob wir die schon im Dunkeln fuhren oder war es noch hell?) war die längste WP - Surkee (die übrigens beinahe an unserer Hütte vorbeiführte, die wir schon zum drittenmal gemietet hatten) ist mir heute noch so leibhaftig vor Augen und unter dem Hintern - 37 Kilometer mit allem was Finnland so zu bieten hat. Liebe Rallye-Fee, falls neben meinem großen Wunsch, nochmal die Rallye Portugal 1994 fahren zu können, ein Plätzchen für einen klitzekleinen zweiten Wunsch übrig wäre, dann wäre es Surkee 1995!


Die fünf Sonntags-WP, immerhin nochmals an die 100 Kilometer Sonderprüfung, liefen dann eigentlich wie geschmiert und wir rollten endlich wieder einmal ohne größere Probleme über die Zielrampe auf einem für Lowbudgetteams wie uns doch respektablen 30. Gesamtrang! Dazu bestes deutsches Privatteam, da das Audi-Team Koch/Greifenstein ebenfalls ausfiel - an Webers 13. Platz war eh nicht ranzukommen und der tapfere kleine Trabant vom Team Knote/Wiegand lief auf dem 43. und letzten Platz ein. Btw Ironie des Schicksals, dieses Jahr gab es schlichtweg nix a, Kohle für nonscandinavian driver :-( Trotzdem strahlten wir auf der Zielrampe mit dem Rallyeleiter Simo Lampinen um

die Wette, hat man

ja auch nicht alle Tage!

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Neste 1000 Lakes 1994 oder „jetzt muss er weg!“


Andere Leute fliegen nach Ägypten oder sind im Urlaub am Gardasee - Mayrs sitzen bereits zum vierten Mal im Transporter Richtung Norden... aber wie ich schon öfter erwähnt habe „man muss bissel verrückt sein!“

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Nachdem wir beflügelt von unserem ersten Ausflug in den wilden Süden zum WM-Lauf TAP Rally Portugal mit einem 23. Gesamtrang im Gepäck wieder zuhause waren, ging schon die Planung für den Sommer los. Das finnische Ferienhaus, genannt Mökki, buchen, Service suchen - „Diddi“ Karl-Heinz und Helmut (unser starker Federbeinschlepper vom Vorjahr!) erklärten sich gerne bereit :-) Mein Bruder und eine Bekannte sollten als Verstärkung und Kinderbetreung für Matthias, mittlerweile dreieinhalb, nachkommen. Da in diesem Jahr jedoch Ferienhäuser irgendwie Mangelware zu sein schienen, bekamen wir durch die Vermittlung eines Rallyefunktionärs eine private Luxusbleibe, mit Blick auf den eigenen See und allem was dazu gehört.


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520 WP Kilometer, 85 Starter, die Sonderprüfungen ähnlich wie im Jahr vorher - wir erinnern uns an Lankamaa und unsere Story mit dem gebrochenen Federbein 1993 sowie der finnischen Kiefer 1992.... Dieses Mal sollte es den Argentinier Jorge Recalde auf WP 2 Lankamaa durch einen Ausritt erwischen (er wurde übrigens nur 49 Jahre alt, starb 2001 bei einer Rallye in Argentinien, allerdings nicht durch einen Unfall sondern an einem Herzinfarkt). Markku Alen hatte ja noch vor seinem, im doppelten Sinne, Rausschmiss 1993 und somit seinem Karriereende (damals übrigens äusserst elegant gelöst vom Teamchef mit der trockenen Bemerkung, Alen möge doch auch gleich seinen Overall zum selberwaschen mit nach Hause nehmen...), den Vorschlag einer permanenten Streckenführung geäußert, also weniger Wechsel der Wertungsprüfungen von Jahr zu Jahr. Dies hatten die Veranstalter im Folgejahr, also 1994 genau so übernommen. Für uns eine gewisse Erleichterung, konnten wir doch für das Training unsere Aufschriebe vom Vorjahr heranziehen, was ganz erheblich Zeit (und Geld) sparte.

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Freitag früh ging es los, alles klappte wie am Schnürchen, am Etappenende nach 15 WP lagen wir auf Platz 51, nur unwesentlich etwas mehr als eine halbe Stunde hinter Didier Auriol... Allerdings nur einige Plätze hinter Juha Kankkunnen auf P 30, der auf WP 2 (tja, Lankamaa scheint es in sich zu haben...) mehr als 5 Minuten durch einen Ausritt einbüßte und nochmals über 3 Minuten wegen Fahrzeitüberschreitung dazu bekam. Zumindest in einem Video sieht man das ziemlich ramponierte Fahrzeug und den daraufhin wild hantierenden Service, was ihn jedoch nicht davon abhielt, daraufhin noch etliche WP-Bestzeiten zu fahren und ins Ziel zu kommen!

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Der Veranstalter hatte in diesem Jahr ein kleines Preisgeld ausgelobt für die besten fünf nichtskandinavischen Privatfahrer, wir lagen mittlerweile auf Platz zwei in dieser Wertung. Aber man soll ja bekanntlich den Abend nicht vor dem (nächsten) Morgen loben, oder wie hieß das nochmal? Sei es wie es sei, Samstag früh ging es weiter auf die zweite Etappe mit den schönsten klassischen 1000 Seen Sonderprüfungen wie Ouninpohja, Vaheri oder Savo, die dem deutschen Fan ein anerkennendes Schnalzen entlocken und dem Finnen sein berühmtes „Oioioi“. Aber fangen wir mal klein an mit der ersten des Tage, Leustu, auch so ein Klassiker mit breiten Berg- und Talbahnen sowie kleinen Waldwegen, wo es auch schon mal enger zugeht. Ich meine mich zu erinnern, dass es warm, trocken und sehr staubig war und das über etwas mehr als 23 Kilometer. Man startet vor einer Kurve, die recht schnell auf eine gewaltige Kuppe mit breiten Schwüngen führt, später biegt man dann auf auf kleinere Wege ab. Meine Erinnerung setzt einige Kilometer vor dem Ziel wieder ein, es roch nach Getriebeöl - dieses „Parfum“ werde ich wohl für den Rest meines Lebens in der Nase behalten, denn es verheisst meist nichts Gutes :-(

So hatten sich wohl nach und nach Zahnradteile verabschiedet und den Weg ins Freie gesucht! Wir schleppten uns gerade noch aus der Prüfung, kurz dahinter wartete der Service, dann die niederschmetternde Diagnose - Loch im Getriebe - Ende im Gelände... Byebye schönes Preisgeld, wir wären auf den ersten Platz gerutscht, da der bis dahin in Führung liegende Schweizer Serge Bigler mit dem Mazda 323 GTX später auch ausfiel. Ja ne is klar, immer wenn es „einen Primeltopf zu gewinnen“ gab, wie meine Mutter immer so schön sagte, geht was schief! Auch das zweite deutsche Privatteam Michael Kahlfuss/Ronald Bauer kamen leider nur eine WP weiter mit dem Tranant 601, off road....

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Das Preisgeld ging übrigens meiner Recherche nach an drei britische Teams auf den Plätzen 36, 37 und 38, denen ich es von Herzen gönne! Nein, es ging nicht (oder nicht nur) ums Geld, es ging auch um die bereits oben genannten Finnlandklassiker, die wir nicht mehr fahren konnten - Ouninpohja war zwar neutralisiert, da Juoko Puhakka seinen Mitsubishi vehement ins Grünholz gefeuert hatte, aber Savo in der Nähe von Tampere mit zigtausenden Zuschauern oder die letzte WP am Samstagabend, Surkee mit über 37 Kilometer ein absolutes Sahnestückchen.

So blieb uns nur noch zu packen und etwas vorzeitig den langen Heimweg anzutreten (man fuhr übrigens direkt an Zufahrten zu Wertungsprüfungen vorbei, da musste ich schon das eine oder andere Tränchen verdrücken....). Vermutlich stand da Siggis Entschluss schon fest „der hat mich geärgert, jetzt muss er weg!“ Gekauft hat ihn ein Rallyekollege aus Nordbayern, dem er wohl mehr Glück brachte - nach Siggis Erinnerung gewann er damit die Deutsche Rallyetrophäe 1995 in seiner Klasse!

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Portugal 1994

TAP Rallye Portugal 1994 - gäbe es eine gute Fee und ich hätte einen einzigen Wunsch frei - dann würde ich genau diese Rallye noch einmal fahren wollen … Da es Feen aber nur im Märchen gibt, bleiben die Erinnerungen an viele freundliche und hilfsbereite Menschen, grandiose Landschaften, kurze Nächte, ziemlich minimalistisches Kartenmaterial, unser Gottvertrauen (man kann es auch Blauäugigkeit nennen) und eine übermenschliche Teamleistung!
Nach der unfreundlichen Begegnung unseres Rallyefahrzeuges mit einer finnischen Kiefer bei der 1000 Seen Rallye 1992, hatte die weisse Opel-Karosse ausgedient und was neues musste her. Fündig wurde Siggi 1993 mit einem Kadett GSI, schwarz samt gelbem Käfig, im Rallyemekka rund um den Nürburgring bei Steffens Motorsport, übrigens dank Werner L.s Connections mal wieder. Flugs umgebaut und im gleichen Jahr noch zur South Swedish Rallye mit Markus Schmidt und mit mir zur 1000-Seen Rallye ausgeführt.
Wie wir eigentlich auf die Idee kamen, die gepflegten Schotterpisten des hohen Norden gegen unbekanntes Neuland im südwestlichsten Zipfel Europas einzutauschen, weiss ich heute nicht mehr so genau. Wahrscheinlich war es der Bezugspunkt, dass Siggis Vater nach Portugal ausgewandert und somit die Basisstation geschaffen war. Dazu kam, dass auch bei dieser Rallye ausländische Privatteams nenngeldfrei waren und soweit ich mich erinnere, es auch noch einen Unkostenzuschuss gab. Ein portugiesischer Freund von Siggis Vater besorgte uns vorab die Unterkünfte - damals war das ohne Internet und Buchungsportalen gar nicht so einfach. Er legte dabei wohl eher Wert auf „günstig“ als auf „komfortabel“... sie blieben uns jedenfalls bis heute in Erinnerung - z.B. in Viseu, ein! Bad/WC für 6 Zimmer auf einem Flur und alle wollten natürlich frühmorgens gleichzeitig rein. Oder das Appartment in Povoa de Varzim, im 5. Stock mit Rumpelaufzug und Gockel auf dem darunterliegenden Balkon, der uns freundlicherweise nach etwa 3 Stunden Schlaf durch sein ausdauerndes Krähen weckte. WC mit Dusche hieß da übrigens übersetzt „ein Gießkannenbrausekopf ragt aus der Decke im Klo“. Und der Wunsch nach „early breakfast“ kann zwar gerne angebracht werden, morgens um 7 steht allerdings niemand da mit Kaffee und Toast, naja. Wenn man jedoch bedenkt, fünf Nächte mit jeweils vier Personen haben umgerechnet knapp 500 D-Mark, sprich 250 Euro gekostet, lässt sich vielleicht der eine oder andere fehlende Luxus  verschmerzen.
Die eingespielte Servicemannschaft der 1000-Seen Rallye war uns eigentlich sicher, bis - ja bis der „Burkl“, Josef Burkhard aus dem Peugeot 205 GTI Cup mit Co Teddy Schaller ebenso seine Nennung mit seinem Ford Sierra Cosworth abgegeben hatte! Da es ja eigentlich „sein“ Serviceteam war, mussten wir also zurückstecken, aber Hilfe aus dem „Woidler“ Motorsportclub nahte und so sprang Team 2 mit „Didi“ Karlheinz Dietrich und aus unserer Gegend Thomas Schmid, bekannt aus dem Peugeotcup  ein.... Wenn die gewusst hätten was auf sie zukommt!


Was wir bei der ganzen Sache irgendwie nicht bedachten - Portugal ist schon ganz schön groß, obwohl es auf der Europakarte eher klein aussieht! Überhaupt erstmal hinzukommen dauerte etwa 27 Stunden Fahrt, mit kurzen Tank- und Pinkelpausen und Fahrerwechsel natürlich. Und das spanische Hochland zieht sich.... Um vor Ort dann überhaupt an die Unterlagen zu gelangen, brauchte es nochmal etwa 250 Kilometer bis zum Rallyebüro in Lissabon - aber alleine diese Stadt ist ja eh eine Reise wert!
Die gesamte Wertungsprüfungslänge betrug gut 570 Kilometer, aufgeteilt auf 36 WP, alleine 12 davon in den Bergen rund um das legendäre Arganil. Wer kennt nicht die Röhrlgeschichte von seinem grandiosen Nebelritt 1980 auf eben einer dieser Strecken? Wir versuchten also, diese ich glaube 32 verschiedenen Prüfungen zumindest ein- oder zweimal zu besichtigen und aufzuschreiben, von Training kann man da gar nicht sprechen. Auf die Idee, einen Leihwagen zu nutzen, kamen wir erst in den nächsten Jahren, 1994 musste der Kadett schon vorher fleissig arbeiten, erst zum Start bekam er ein frisches Fahrwerk. Soweit ich mich erinnere, waren 5 Tage geplant, wobei die ziemlich lang wurden, da man zu den im Norden gelegenen WP bereits eine mehr als dreistündige Anreise hatte. Es regnete dabei teilweise Hunde und Katzen, in den Bergen schneite es sogar etwas. O-Ton Siggi „jetzt seh ich mal den Unterschied zwischen Wolken und Nebel“ - ich sah ihn nicht... Und diese portugiesischen Vollblutfans feierten die Teams bereits Tage vor der Rallye beim Abfahren!


Überhaupt die Fans mit ihrer völlig verrückten Begeisterung, ich erinnere mich an die Anfahrt zum ersten Nachthalt in Povoa de Varzim im Norden, wir fuhren auf der Autobahn, die dort mautpflichtig ist. Um Mitternacht warteten an und auf! einer solchen Mautstelle hunderte von Fans, nur um die Rallyeautos durchfahren zu sehen - vom ersten bis zum letzten! Und wenn man nach einer WP ohne Service (wir hatten ja nur jede zweite im Plan vorgesehen) nach dem Auto schaut, wird man sofort von einer Menschentraube umringt, die helfen wollen, und mindestens einer von ihnen spricht etwas deutsch und ist darauf total stolz, weil er schon mal in Deutschland gearbeitet hat.
Die technische und die administrative Abnahme fand an der bekannten Rennstrecke von Estoril, ein Stück von Lissabon entfernt statt. Vor lauter Aufregung fanden wir den Zugang zur Papierabnahme nicht, wunderten uns kurz und dachten, okay, passt.... Portugiesen sehen das wohl reichlich entspannt, kurz vor dem Start am nächsten Tag konnten wir das so zwischen Tür und Angel nachholen - ist ja nur ein WM- Lauf …
36 Wertungsprüfungen brauchen ihre Zeit, so ging es schon Donnerstagmorgen auf die erste Etappe, mit fast 100 % Asphalt. Hach ja, die 4 Michelin Teerschlappen reichen da schon, meint der Fahrer und die Copilotin knabbert nervös an den Fingernägeln. Vor allem, ob das alles so mit dem Service klappen würde - sind wir doch schon vor dem Start für völlig verrückt (oder eher bissel bekloppt) gehalten worden - eine Portugalrallye mit EINEM Service, völlig unmöglich! Abgesehen davon, dass wir weder eine zweite Mannschaft mit einem weiteren Servicemobil gefunden hätten, noch wir uns das auch nur ansatzweise hätten leisten können, ein bayrisches „des krieg mer scho“ hilft da auch nur unwesentlich.


Man versetze sich in das Jahr 1994 zurück, vor und nach den meisten Wertungsprüfungen wurde Service gemacht, ohne festen Servicepark. Oft ein wildes Durcheinander links und rechts der Straßen, gerade nachts, wenn man seine eigenen Leute verzweifelt und unter Zeitdruck sucht. Mobiltelephone gab es noch kaum, zu teuer und ein Netz wäre da eh Glückssache gewesen. Die Zeit für Reifenwechsel, Reparaturen etc war in den frühen 90ern in der vorgegebenen Fahrzeit von ZK zu ZK enthalten - das hieß, ausserhalb der Wps noch mehr Gas geben!
Ich erinnere mich an die Anfahrt zu den letzten zwei WP des Tages, oder eher der Nacht - es war rabenschwarze Finsternis, gepaart mit Nebel und Staub, dazu äusserst sparsame Beschilderung und enormer Zeitdruck! Wir hatten vor uns den Notservice vom Österreicher Kris Rosenberger gesichtet, besetzt mit einem Rallyepiloten und einem ebenso guten Co (hab leider die Namen vergessen...). Rosenbergers Topbeifahrer Klaus Wendel hatte in weiser Voraussicht bereits beim Abfahren der Wertungsprüfungen auch für den Service und die Verbindungsetappen einen Aufschrieb erstellt! Erfahrung zahlt sich halt aus, aber Glück muss man, sprich wir, auch haben... Also nichts wie hinterher, 100 Kilometer lang (das kommt mir nach den vielen Jahren so surreal vor...) im mehr oder weniger Blindflug und wir hatten sichere 10 Minuten gewonnen, um endlich die Zusatzscheinwerfer montieren zu lassen! Aber Tag 1 mit völlig abgelutschten Reifen war geschafft und dann ginge der Spaß auf dem Schotter eh erst richtig los! Übrigens war das meines Wisserns nach die letzte „klassische“ Portugalrallye mit einer kompletten Asphaltetappe, danach fuhr man nur noch auf Schotter.
Freitagvormittag dann die erste WP - Lousada - eine Art Rallyecrosskurs, auf dem zwei Teilnehmer gegeneinander starten - mit Massen an Zuschauern! Für Siggi als geborenen Motocrossfahrer ein gefundenes Fressen, für mich immer mit Nervenflattern behaftet. Danach ging es ans „Eingemachte“ - die berühmt-berüchtigte „Fafe“ mit der ebenso bekannten Sprungkuppe. Okay, die durchschnittlichen 50 Meter Flugbahn haben wir nur knapp verfehlt  trotzdem ist diese Strecke schon etwas Besonderes. Am Abend war dann erst Halbzeit der Veranstaltung, wenn bei heutigen WM-Läufen schon fast Zielankunft ist.... Samstags ging es nochmal nach Fafe und in die Berge im Osten von Braga.
Am Sonntag, den vierten und letzten Tag der Rallye, saß ich bereits etwas neben mir im Auto, die langen Tage und kurzen Nächte gingen schon richtig an die Kondition und Konstitution. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Portugiesen nicht unbedingt um 22 Uhr Feierabend machen... Trotzdem waren wir völlig überwältigt von den begeisterten Zuschauermassen, wir kannten das bis dahin nur aus dem Fernsehen! Ich sehe heute noch die Anfahrt zu einer WP, da haben wir uns gefragt, wie das denn mit dem Start funktionieren soll? Die Straße war vor lauter Menschen nicht mehr zu sehen - als der Zeitnehmer runterzählte, elektronische Uhren gabs damals noch nicht, teilte sich die Menge wie das biblische Rote Meer und los gings! Unglaublich, solche Bilder vergisst man sein Leben nicht.
Und zum Thema „nur mit EINEM Service....“, unser Team hat die ganzen vier Tage wirklich übermenschliches geleistet, sie waren immer pünktlich an den vereinbarten Orten (was bei einem anderen Team Donnerstagnacht wohl nicht geklappt hat - ich sah den bedauernswerten Beifahrer mitten auf der Sonderprüfung mit einem leeren Reservekanister um sein Leben bzw. um ein paar Liter Sprit rennen!). Didi und Thomas standen zuverlässig nach jeder zweiten Wertungsprüfung, mussten aber trotzdem quasi ihre eigene Rallye fahren, um die teilweise weiten Strecken bergauf und bergab zu meistern. Nur nach der letzten WP Sonntagabend und zum Treffpunkt vor der Zielrampe haben sie es nicht geschafft, sie wurden durch eine gesperrte Brücke an der Weiterfahrt gehindert. Diese Ungewissheit machte Siggi so nervös, dass wir kurz vor dem Ziel noch beinahe alles beim Überfahren einer Verkehrsinsel, auf der wir hängenblieben, zunichte gemacht hätten - Gott sei Dank blieb alles heil! Und am nächsten Tag offizielle Siegehrerung im Garten des Casino von Estoril, das war schon eine Kulisse, beinahe wie in Monte Carlo - Platz 23 von 89 Startern, von denen nur 36 ins Ziel kamen, 2. Platz in der Klasse N3 - davon kann man als Privatfahrer ohne Sponsoren und anderen finanziellen Hintergrund heutzutage nur träumen! Ein weiterer deutscher Teilnehmer, Ewald Klein, ein erfahrener „Rallyekämpe“ mit mehr als 20 WM-Läufen seit 1976 auf dem Buckel, meinte anerkennend: „...feine Sache, beim ersten Mal Portugal gleich im Ziel, da könnt ihr stolz sein!“ Mit einer Fahrzeit von 8:40:52 waren wir auch nur unwesentlich 2 Stunden und 20 Minuten langsamer als der Sieger Juha Kankkunnen, okay bissel Luft nach oben sollte ja immer noch sein 
Insgesamt hat das Rallyekarma es wohl besonders gut mit uns gemeint - daher siehe oben „...hätte ich nur einen einzigen Wunsch frei...“ P. S. Fotos privat, wenn nicht anders angegeben

  

 

 

 

Tausend Seen 1993

Wie üblich 😎 viel Text und keine perfekten Bilder... (die Abzüge für die Fotobestellung kamen damals erst etliche Tage nach unserer Rückkehr an - und da war die Kasse dann meist mehr als Ebbe, daher nur die kleinen Abzüge von Photo Patrick Clermont, die anderen Fotos sind privat)
1000 Lakes Rally 1993 - oder „just a few more minutes, please!“


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Was soll man da sagen - und jährlich grüßt das Murmeltier oder aller guten Dinge sind drei? Dass dieser Grand-Prix auf Schotter mit einem unbedingten Wiederholungsfaktor behaftet ist, scheint mittlerweile logisch. Zudem gilt bei Mayrs die eiserne (Schuld)Regel - bei einem Ausfall (nämlich 1992) schuldet einem die Rallye eine Revanche, oder wie der Laie so schön sagt „die finden schneller eine Ausrede als die Maus ein Loch!“.

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Wie bereits an anderer Stelle schon geschrieben, hatte ja nach der unfreundlichen Begegnung mit einer finnischen Kiefer bei der 1000 Seen Rallye 1992 die weisse Opel-Karosse ausgedient und was neues musste her. Da fällt mir grade ein, so richtig Glück hatte uns dieses Auto nicht gebracht  um nicht zu sagen, das Ding hat genau eine Rallye gehalten? Okay, der oben erwähnte Ausfall lag zwar eindeutig an Finnlands Flora, aber eigentlich hat das Auto nur eine einzige Zielankunft bei zwei gefahrenen Rallyes verbucht, nämlich der South Swedish Rally 1992 mit Jörg Assmann als Co (vielleicht erinnert sich noch jemand aus dem Peugeotcup, er war Beifahrer seiner Lebensgefährtin Sabine Plock).
Fündig wurde Siggi mit einem Kadett GSI, schwarz samt gelbem Käfig, im Rallyemekka rund um den Nürburgring bei Steffens Motorsport, übrigens dank Werner Langshausens Connections mal wieder. Flugs umgebaut und im Mai noch zur South Swedish Rallye 1993 mit Markus Schmidt ausgeführt.

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Vermutlich wird diese 1000-Seen unserem Serviceteam „Manne“ Manfred und Helmut unvergessen bleiben - davon aber erst später  Wir waren froh, unsere vertrauten Helfer und Hilde als Unterstützung für die Betreuung von Matthias, unserem mittlerweile zweieinhabjährigen Sohn, dabei zu haben. Schließlich muss man ja erstmal jemanden finden, der mindestens 10 Tage seines Jahresurlaubes opfert, um irgendwo im hohen Norden Ende August unter einem fremden Auto zu liegen, für Kost und Logis und ewigen Dank... und Hilde hasste eigentlich so lange Autofahrten. Die A7 zieht sich ganz schön von Bayern bis Travemünde, dann heisst es erstmal warten auf die Fähre. In Schweden sind es dann wieder gut 800 Kilometer bis Stockholm und wieder warten auf die Fähre... Kaum 12 Stunden später ist man dann endlich in Finnland, nur noch unwesentlich knappe 5 Stunden bis zum Rallyemekka Jyväskylä.

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Nachdem ein Teil der Prüfungen im Nordosten von Jyväskylä stattfanden, hatten wir uns eine andere Bleibe gesucht (oder das vertraute Haus war nicht frei? ich weiss es nicht mehr), aber wie sich das für Finnland gehört, Blockhaus am See mit Boot. So hatte unser Team samt Matthias einige Tage Natur pur mit Beeren- und Pilzesammeln, während wir die 35 Wertungsprüfungen besichtigten - die längste mehr als 36 Kilometer! Wenn man übrigens die Zuschauermenge in Finnland betrachtet - hier stehen geschätzt eine halbe Million Fans an den Strecken, das sind etwa 10 Prozent der Bevölkerung! Auf deutsche Verhältnisse übertragen wären das unmöglich... so ein großes Land im fernen Norden hat halt ganz eigene Gesetze.
Das Wetter war typisch finnisch kühl und regnerisch, Ende August ist in diesen Breitengraden schon eher mit Herbst als mit Sommer zu rechnen. WP 1, Kankkunen fährt Bestzeit auf Valkola mit 4.47, Mayrs lassen es verhalten angehen, nur unwesentlich knapp 2 Minuten langsamer... Alternativ feuert Markku Alen „Mister maximum attack“ bereits hier sein Auto unrettbar in den finnischen Wald. WP 2, Lankamaa (wir erinnern uns - auf dieser Sonderprüfung 1992 stand kurz nach dem Start die oben erwähnte finnische Kiefer unserer Weiterfahrt im Wege) mit knapp 15 Kilometern lässt sich gut an, der Fahrer beginnt warm zu werden. Etwa eineinhalb Kilometer vor dem Ziel, eine rechts 4 minus nach einer längeren Geraden, lässig am Wegesrand gecutet, und mit einem Mordsschlag steht das Auto im Graben!
Die sofortige Schadensanalyse ergibt, gebrochenes Federbein vorne rechts dank eines gut getarnten finnischen Felsbrocken  nein, nicht schon wieder in Finnland scheitern! Getreu dem Motto der Copilotin, deren erster Satz immer heisst „MACH WAS!“ (egal ob nach eingesprungenem Rittberger oder einem Getriebeschaden) ist Aufgeben für sie gar keine Lösung. So wird als erstes der Service, der just nach dieser Prüfung auf uns wartet, angefunkt, wir brauchen Hilfe! Wir waren seit kurzem im Besitz eines Betriebsfunks, der für Speditionen und Taxis genutzt wird. Reichweite etwa 15 Kilometer je nach geographischen Bedingungen und man musste im jeweiligen Land für teuer Geld eine kurzfristige Betriebserlaubnis erwerben. Aber, im Nachhinein gut angelegtes Geld!

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Waren wir nicht gerade an einem Bauernhof vorbei gefahren? Zwei Dumme ein Gedanke, wir spurteten zurück. Der gute Bauer agierte gerade als Zuschauer, verstand aber kein Wort von unserem aufgeregten Gefuchtel. Also nix wie in den Schuppen, Werkzeug sichten, schnappen und mit den Vorbereitungen zu einer Reparatur beginnen war eins! Dazu muss man anmerken, 1993 war es noch nicht verboten, mitten auf der WP „Service“ zu machen, d.h. es durften auch fremde Personen ausser dem Fahrerteam helfen und ebenso durften Werkzeuge und Ersatzteile ausserhalb des Rallyeautos zum Einsatz kommen.
Während also im Minutenabstand die nachfolgenden 18 Teams an uns vorbei fuhren, rannte unsere Servicemannschaft uns vom Ziel aus entgegen um ihr Leben, besser gesagt um unser Weiterkommen! Manne schleppte den Rangierwagenheber, Helmut das komplette Federbein samt Nabe und Bremse! Mir bricht heute noch der Schweiss aus, was das für eine Anstrengung für die beiden bedeutet haben muss - und ich sehe sie an der letzten Kuppe, als ich ihnen entgegen gelaufen kam, um ihnen Mut zu machen „nur noch 200 Meter!“ das vergisst man nie!
Mittlerweile stand der Schlusswagen hinter uns... Da die Besatzung aber die im Regelement vorgesehenen 15 Minuten abwarten musste, ich machte sie auch immer wieder darauf aufmerksam, „just a few more minutes, please“, hatten wir wertvolle Reparaturzeit gewonnen.
Und unsere übermenschlichen Servicemänner, die samt Fahrer über dem Auto hingen oder darunter lagen und wie wild hantierten, haben es tatsächlich geschafft! Das gebrochenen Federbein samt Rangierwagenheber flog in den Kofferraum des Rallyeautos, die Ärmsten waren so ausgepumpt, den Rückweg so schwer beladen wollten wir ihnen ersparen.Wir waren ruckzuck angeschnallt und nix wie los, hatten in etwa 35 Minuten verloren, die erlaubte Viertelstunde Karenz bis aufs letzte aufgebraucht - aber wir waren noch dabei! Zwar schlugen nochmals 50 Sekunden Strafzeit für überschrittene Fahrzeit zu Buche, aber egaaaal! Bereits in der zweiten WP ausfallen ging ja so mal gar nicht....
Bis zum Ende des Tages kamen zwar weiterel 50 Sekunden wegen Fahrzeitüberschreitung hinzu, aber die machten das sprichwörtliche Kraut auch nimmer fett. Der Ausritt hatte nämlich wohl dem neu eingesetzten Federbein etwas Luft nach oben gelassen, unsere Wartburgkollegen Franke/René Lindner (die leider später in WP 24 ausfielen) leisteten uns am Service schnelle Hilfe mit ihrem portablen Schweissgerät. Trotzdem hielt es nicht ganz überzeugend und so liefen wir auf dem Weg zu WP 7 im Ort Pieksämäki (dieser Name ist bei uns bis heute ein geflügeltes Wort geblieben) eine Tankstelle an, die uns kurzerhand ihre Werkstatt zum professionellen Schweissen überließ. Unwesentlich zu erwähnen, dass auch da was schiefgehen kann, ein Bremsschlauch fackelte mal ganz kurz ab! (Memo an den Schweisser - nie einen metallummantelten Schlauch als Masse nutzen... again what learned!)

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Der nächste Tag war geprägt von unserem unsichtbaren Schatten, dem Schlusswagen, der uns den ganzen Samstag verfolgte. Freitag endete nämlich für uns mit dem 82. und zugleich letzten Platz, aber wir waren noch im Rennen getreu dem olympischen Gedanken - dabei sein ist alles! Am Ende von Tag 2 hatten wir sogar zwei Plätze gut gemacht. Schlußendlich beendeten wir Sonntagnachmittag die Rally auf dem 59. und drittletzten Platz. Aber ob P 59 oder 52 - wenn man denn die verlorene Zeit anrechnen würde - ist wohl eher unerheblich und dient nur noch statistischen Zwecken. Wir wollten auf alle Fälle ins Ziel kommen und das Auto sollte halten!
Wenn man so darüber nachdenkt, eigentlich war es ja ein Fast-Ausfall und die 1000-Seen schuldet uns noch was? Also vielleicht wenden wir ja im nächsten Jahr nochmal die Schuld-Regel an 

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"Oh, by the way, the same procedure as last year, Miss Sophie?" Wer kennt ihn nicht, den legendären Spruch aus dem alljährlich wiederholten Silvester-Sketch"Dinner for one"? Ganz so lief es allerdings nicht bei unserem zweiten Finnland-Ausflug.... Nachdem bei der Jahresabschlussveranstaltung 1990, der 3 -Städte-Rallye, bereits ein blinder Passagier mitfuhr 😁 lag unser Fokus doch eher auf dem erwarteten Nachwuchs und ohne Träne im Knopfloch verkauften wir den Peugeot.

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991 kam dann der Stammhalter zur Welt, aber wie das Leben so spielt - kaum 3 Monate später - das Ehepaar Mayr saß mit Baby im Arm auf dem Sofa und guckte 1000-Seen-Rallye auf Eurosport... mit Tränen in den Augen 🥺 - ein Blick in das Gesicht des anderen und unausgesprochen war klar - das war noch nicht das Ende (getreu dem Motto "Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende.")!

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Einige Wochen später kauften wir einen rallyefertigen Opel Kadett GSI im bayrischen Wald (von einer alteingesessenen Rallyefahrerfamilie ...) Beim Besuch der 3-Städte-Rallye 1991, diesmal als Zuschauer mit Kinderwagen, war auch gleich das perfekte Service-Team für den Finnland-Trip gefunden - Manfred "Manne" mit seiner Hilde und deren Clubfreund Helmut.
Und so starteten wir im August 1992 wieder mit Troß und Kind Richtung Norden. Es gab wiederum den Ausländerbonus, also nenngeldfrei und Gratisfährticket, allerdings ohne Unterkunftskostenzuschuss. Das gleiche "Mökki", das finnische Ferienhaus, wurde wieder gebucht (der Schwabe weiss halt wos günstig ist).

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Diese kleine Delle entstand nach dem Aussteigen der Beifahrerin, mit nicht druckreifen Worten.

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Nach den ersten Jahren in der bayerischen Rallyemeisterschaft (ab 1985), der deutschen Rallyetrophäe (ab 1986) und der deutschen Meisterschaft im Rahmen des Peugeot 205 GTI Cup (ab 1988) suchten wir neue Herausforderungen und fanden diese in nichts Geringerem als der Rallye-Weltmeisterschaft! In den 90er Jahren war das auch als Noname-Lowbudget-Niedrigniveau-GruppeN-Fahrern möglich! Wir verzichteten 1990 also auf die Deutschlandrallye, einem Lauf zum Peugeot-Cup (auch wenn Klaus Stich wenig darüber begeistert war...), um uns auf das Abenteuer vorzubereiten.

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Unser Service Peter Nothofer, der das ganze Training auf der Rücksitzbank des Peugeot Platz genommen hatte. Zum Donnerstag Abend kamen dann noch Birgit und Jürgen Hahn dazu.

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Der Veranstalter bot ausländischen bzw nichtskandinavischen Privatteams unschlagbare Konditionen - Nenngeldfreiheit, Übernahme des Fährtickets samt Trailer, allerdings ab Stockholm! sowie ein Unterkunftskostenzuschuss und Tankgutscheine, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt.

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Wie haben wir das geschaft ohne Handy, Fax und Computer. Alles war ein Abenteuer und für uns Neuland, aber die Herausforderungen sind die Würze des Lebens.

Wir kamen ins Ziel und waren von da an vom nordischen Flair gefangen.

 

Schweden Rallye abgesagt 90

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 Ich habe mich heute früh beim Gruschdln im Keller sowas von gewundert.... Wir hatten ja für unseren ersten WM Lauf gemeldet, alles war geplant und gepackt, kannst du dich erinnern Detlef Schmidt? Wenige Stunden vor unserer Abreise hatte ich mal vorsichtig im Rallye Zentrum nachgefragt, wie denn die Beschaffenheit der WP so sei 😳 "Cancelled" war die Antwort! Als ich unser Fährticket storniert habe, sagt die Dame in Travemünde "oh, hier stehen ein paar Franzosen mit ihren Rallye Autos, die wollen bestimmt auch dahin!" Vermutlich hat das Rallye Büro diese Schilder, die ja bereits gedruckt waren, nachgeschickt.
Die Absage war dann der Anlass, die 1000 Seen Rallye in Angriff zu nehmen

Peugeot 205GTI Cup

Keller durchforsten Tag 5 ? oder so 🧐
Peugeot Cup 1990, erste Veranstaltung Sachs Franken, ich kann mich irgendwie an nichts besonderes erinnern 🤔 war wohl ned so der burner... 40. im Gesamt, 76 Starter, davon 55 im Ziel. Foto 1 und 2 Sportfoto Gernot Neumeyer Foto 3 und 4 privat, Artikel Augsburger Allgemeine Zeitung, Startliste aus dem Programmheft..

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Mein Dank an alle die mal als Service für uns unterwegs waren. Herzliches Danke Danke

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Robert Hille                                          Michael Reichhold                

Sachs Baltic 1989

Int. Sachs Rallye Baltic 1989 - die wohl merkwürdigste Rallye, die wir jemals gefahren sind 🤔 Am nördlichsten Zipfel der Republik und auf die Schnelle wurde der DM-Status aberkannt. Peugeot hielt die Fahne hoch mit 17 Startern im Cup! Ausser Sepp Haider/Ferdi Hinterleitner, die somit bereits vor der 3 -Städte Rallye deutsche Meister waren , stand von der Rallye-DM-Spitze niemand am Start.


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Wir hatten ein Privatquartier gebucht und unsere Vermieterin meinte, aus der Bevölkerung wären eher alle FÜR den Motorsport! Natürlich auch aus wirtschaftlicher Sicht, Ende September/Anfang Oktober herrschte, zumindestens damals, ziemlich tote Hose....
Laut meinem Zeitplan wurden von 19 WP 13 nicht genehmigt.... ich kann mich an die genaue Zahl selber nicht mehr erinnern, wir haben auf jeden Fall eine Stunde und 17 Minuten Fahrzeit zusammengebracht. Dafür mussten wir glaube ich insgesamt 4 Stunden vor den WPs warten wegen Demonstrationen und Personen, Fahrzeugen oder sonstigem auf der Strecke. Schon lustig, mehr Slalom um Wohnmobile und sonstige Hindernisse zu fahren statt Rallye 🙄
Eine Prüfung (oder waren es mehr, ich weiss es nicht mehr) durfte nicht mal besichtigt

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 werden. So saß ich abends mit dem Lineal über der WP-Skizze und ließ mir von meinem Fahrer die Strecke diktieren. Böse Zungen behaupten ja, der eine oder andere Fahrer wäre nachts mit dem Fahrrad verbotenerweise die WP abgefahren 🤨
Leider habe ich von dieser Veranstaltung kein einziges Rallyefoto, war da kein Fotograf vor Ort? Oder stand mal wieder die schwäbische Sparsamkeit im Vordergrund?
Ich habe die komplette Startliste, die WPs und die Ergebnisliste, möchte euch aber nicht damit langweilen, ausser es interessiert euch? Ansonsten geht es zur Vervollständigung an

 

3 Städte Rallye 1986

Back to the 80ties - nach der Premiere 1986, unserer ersten internationalen Rallye und DM-Lauf, der 3 Städte Rallye, wollten wir nach einige Läufen zur Rallye-Trophäe unbedingt wieder nach Straubing! Wir fuhren in erlauchter Gesellschaft, war es doch Walter Röhrls Abschiedsveranstaltung und er meinte am Start: „Den Sieg für mich und den Titel für Armin Schwarz, dann passt es“ oder so ähnlich (wie weise er das voraussah!). Zumindest hatten wir dadurch auch eine prächtige Zuschauerkulisse! Und was für ein klasse Starterfeld damals aufgeboten war, mehr als ein Fünftel kam aus Skandinavien und dem (inzwischen ehemaligen) Ostblock. Sehr schade, dass Ola Stroemberg mit dem Gruppe A Saab 99 Turbo nicht antrat, das wäre mal ein interessanter Vergleich gewesen  Aber man sieht sich ja fast immer zweimal im Leben - 1990 trafen wir ihn in Örebro/Schweden auf unserer Rückfahrt von der 1000 Seen Rallye und er führte uns seinen Rallyeboliden vor. Schade, da wäre ein kleiner Lottogewinn gerade richtig gekommen!

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Mit dem Saab 99 Turbo starteten wir in der Gruppe G, absolut serienmäßige Fahrzeuge, ausgestattet nur mit Sicherheitseineinrichtung wie Käfig, Schalensitz und Hosenträgergurte. Das Wetter war eher herbstlich, naß und kühl, dementsprechend schmierig zum Teil die Wertungsprüfungen. Ab WP 5 führten wir die Klasse G 3 an, es lief richtig rund . Nach den Klassikern wie St. Salvator und Oberhinkofen führten wir bis WP 13 Klasse und Gruppe an, dann wurde WP 14 nach 45 Startern neutralisiert, alle folgenden Teilnehmer bekamen die gleiche Zeit.
Und dann kam WP 15, Hagenau, eine schnelle gemischte Prüfung im bayrischen Wald, mit dem typischen rötlichen Lehm auf den Schotterstücken. Zitat aus dem Rallyejournal „fahrerische Anfordung: schwierig, nach anfänglich flotten Kurven auf Asphalt, kommt nach einem neuen Mittelstück aus Schotter, gegen Ende die schönste Passage mit 5 Kehren steil bergab.“
Die Copilotin, also ich, hätte da gerne ihre Reifenwünsche, nämlich Schotterradln, aus dem oben erwähnten Grund durchgesetzt. Okay, die Reifenauswahl an sich war schon überschaubar angesicht des schmalen Budgets - die Schotterreifen hatten wir gebraucht von einem Ex-Saabrallyefahrer gekauft, die jüngsten waren das sicher nicht mehr! Und für den Teer hatten wir dabei, was die Garage so an abgenudelten Straßenreifen hergab. Da aber das Wort des Fahrers gilt, O-ton „auf den Asphaltabschnitten hol ich das locker raus mit den Teerreifen und auf Schotter bin ich halt bissel vorsichtig.“ Rein mathematisch gedacht hatte er recht, ein Drittel Schotter, zwei Drittel Asphalt.

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Lächle und denke, es könnte schlimmer kommen und es kam schlimmer... Der bayerische Löwe aus Nymphenburger Porzellan, der Ehrenpreis für den Gruppensieger, wohnt seit dieser Zeit in der Oberpfalz in der Nähe des tiefsten Bohrloches der Welt. Und in dieses bin ich dann auch im übertragenen Sinne wirklich geplumpst, kaum ein Ausfall schmerzte mehr als dieser!
Ja ne is klar, so ein Porzellanviech ist auch nur ein Staubfänger - aber schon einer, der was hermachen würde, stünde er in meinem Schrank... Und Ironie des Schicksales oder siehe oben, man sieht sich fast immer zweimal im Leben, genau dieser Siegerkadett wurde 1991 unser zweiter Einstieg in den Rallyesport, das ist jedoch eine andere Geschichte.
Aber von Anfang an, es ging ab dem Start los mit den oben erwähnten schnellen Teerstücken im offenen Wiesenbereich, um dann im Wald auf die Schotterabschnitte zu wechseln. Ich sehe heute noch den Felsen vor mir, auf dem wir linkerhand abseits der Straße nach unserem Dreher gestrandet sind. Btw hat diese WP noch für sieben andere Teilnehmer das Aus bedeutet, das nur rein statistisch gesehen. Es dauerte mindertens 20 Minuten bis wir genügend Publikum und ausgefallene Mitkonkurrenten gefunden hatten, um das Auto vom Felsen zu hieven. Aber wie es der Rallyegott so will, als die Chance auf eine Rückkehr auf festen Boden greifbar war, versagte die Batterie ihren Dienst. Und 1300 kg Saab zu Fuß auf die Strecke zu befördern war aussichtslos  Da spielte es auch, fast, keine Rolle mehr, dass wir etwa 3 Stunden ausharren mussten, da diese WP ein zweites Mal gefahren wurde ohne zwischendurch geöffnet zu werden. Wie allerdings der Jäger mit seinem tarnfarbenen Suzuki LJ auf die Strecke kam, der Markus Aubele mit dem Kadett vor der Nase und genau vor unseren Augen herumfuhr, bleibt wohl für immer ungekärt.

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Walter Röhrls Weissagungen trafen übrigens zu, er verabschiedete sich mit einem ungefährdeten Sieg mit über 5 Minuten Vorsprung aus dem Rallyesport! Armin Schwarz gewann den Meistertitel auch ohne überhaupt einen Sieg eingefahren zu haben. Ob sein Beifahrer Hans-Joachim Hösch, wie in einem TV-Beitrag erwähnt, wirklich die für den DM-Titel versprochenen 20kg abgenommen hat? Leider kann man ihn nicht mehr fragen, auch er sitzt bereits seit 2015 am ewigen Rallyestammtisch 
Fotos sind von Werner F. Schönberger und (vermutlich) von Thomas Pütz, das habe ich nicht ganz herausgefunden. Zu der Zeit fotografierte auch noch die Sportfotoagentur Rech/Ende.3 3

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